Arme Schweine

Kann Schweinehaltung heute noch auf Dauer rentabel sein?

Jedes Ferkel, das auf die Welt kommt, ist bei den aktuellen Marktpreisen ein Verlustbringer. (Symbolbild: Paul Anderson)
Jedes Ferkel, das auf die Welt kommt, ist bei den aktuellen Marktpreisen ein Verlustbringer. (Symbolbild: Paul Anderson)

 

Von Wolfgang Molitor

 

Die Zahl der Schweinehalter ist auch im vergangenen Jahr zurückgegangen. Noch gibt es bundesweit 16.900 Betriebe, doch allein in Baden-Württemberg haben rund 300 aufgegeben. Anfang November 2022 standen bereits 25 Prozent weniger Schweine als vor zehn Jahren in den deutschen Ställen. Zwar leiden fast alle Nutztierhalter, weil sie Tierhalter, Ackerbauer und Grünlandbewirtschafter in einem sind. Das macht ihre Lage besonders schwierig, weil die vielfältigen Ansprüche an ihre Betriebe steigen.

 

Vor allem aber bekommen die Schweinehalter verstärkt Probleme. Gerade die Ferkelhalter sind wegen der niedrigen Preise unter Druck, weil sie am Ende der Preiskette stehen. Auch der Zusammenbruch des chinesischen Marktes macht ihnen das Leben schwer. Viele Muttersauenhalter leben seit drei Jahren von der Substanz. Jedes Ferkel, das auf die Welt kommt, ist bei den aktuellen Marktpreisen ein Verlustbringer. Auch wenn die allermeisten Betriebe noch über eine hohe Eigenkapitalquote verfügen, so stellt sich doch für viele die Frage, ob es nicht besser wäre, die Stalltür zuzumachen und ganz auf Ackerbau umzusteigen. Im Klartext: Es geht längst nicht mehr um kurzfristige Liquidität, sondern mittelfristig um die Frage, ob die Schweinehaltung auf Dauer überhaupt noch rentabel sein kann.

 

Kaum mehr als eine Anschubfinanzierung

 

Der Bundesagrarminister will die 16.900 Schweinehalter, die ihre Schweine tierfreundlicher halten, über einen Zeitraum von vier Jahren mit insgesamt einer Milliarde Euro bezuschussen. Mehr als eine Anschubfinanzierung aber ist das nicht. Genauso wichtig wie das Geld ist für die Schweinehalter Planungs- und Investitionssicherheit. Da aber hapert es an allen Ecken und Enden. In den vergangenen Jahren wurde etwa die Immissionsschutzverordnung auf die Landwirtschaft ausgeweitet, was wegen möglicher Geruchsbelästigung Investitionen in neue tiergerechte Ställe entweder verteuert oder ganz verhindert, weil Abstände zu Wohngebieten eingehalten werden müssen, die bei den Strukturen oft gar nicht mehr realisierbar sind.

 

Für die Zukunft bedeutet das: In zehn Jahren könnte es kaum mehr Schweinefleisch, das mehr als die Hälfte des Fleischkonsums ausmacht, aus Deutschland geben. Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) warnt: Das Land habe zwar noch einen Versorgungsgrad von 40 Prozent, aber die Schweinehalter bezögen nicht einmal mehr 60 Prozent ihrer Ferkel aus dem Ländle. 40 Prozent kämen also schon woanders her, meistens aus dem 1.000 Kilometer entfernten Dänemark. Offenbar stehen Tierwohl und Transportentfernungen da nicht an vorderster Front. Auch Spanien und Polen haben bei der Schweineproduktion aufgerüstet. Das heißt: Die Produktion findet nicht mehr in Deutschland statt, der Fleischkonsum aber sehr wohl.  Sieht also so die Zukunft aus: statt Qualität aus dem Land mehr Masse aus dem Ausland?

 

Politisch gesteuerter Fleischkonsum

 

Für Cem Özdemir ist klar: Der grüne Minister will die Tierzahlen mit dem Fleischverzehr und der Fläche in Einklang bringen – und den Fleischkonsum politisch gesteuert dauerhaft reduzieren und verteuern. Dazu soll es staatliche Zuschüsse nur noch für Betriebe geben, die zum Beispiel höchstens zwei Rinder pro Hektar Land halten.  O-Ton Özdemir: „Empfohlen werden zwischen 300 und 600 Gramm pro Woche. Die Männer sind im Schnitt bei 1100 und die Frauen bei 600 Gramm. Dieser Fleischkonsum ist auch weit außerhalb der planetaren Grenzen. Also muss er runter.“

 


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