Kleine Kliniken dürfen nicht die Verlierer sein

Bei der geplanten Krankenhausreform in diesem Jahr droht vor allem dünn besiedelten Gebieten eine Verschlechterung
Hebamme hält ein Neugeborenes im Kreißsaal auf dem Arm. (Symbolbild: Engin Akyurt)
Hebamme hält ein Neugeborenes im Kreißsaal auf dem Arm. (Symbolbild: Engin Akyurt)

 

Von Christian Urlage

 

Lässt sich eine Pleitewelle bei den deutschen Krankenhäusern noch abwenden? Die Stimmung in den Kliniken ist jedenfalls düster: Nicht weniger als 60 Prozent der rund 1900 Krankenhäuser erwarten rote Zahlen in ihrer Bilanz für 2022 - und für dieses Jahr sind sie noch pessimistischer gestimmt. Das Klinik-Sterben aufgrund des hohen wirtschaftlichen Drucks geht stetig weiter.

 

Immerhin hat der Bundesgesundheitsminister zusammen mit seinen Länderkollegen Anfang Januar beschlossen, bis zur Sommerpause einen ersten gemeinsamen Gesetzentwurf vorzulegen: Die Ressortchefs planen eine große Reform, und Karl Lauterbach spricht sogar von einer „Revolution“. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft sieht in dem Beschluss ein gutes Zeichen. Fragt sich nur, wie schnell die Reform wirkt, ob sie kleineren Einrichtungen auf dem Land gerecht wird und nicht für so manche Klinik zu spät kommt.

 

Als der Bund 2004 die Fallpauschalen einführte, war Lauterbach als SPD-Gesundheitsexperte an der Einführung maßgeblich beteiligt. Heute zeigt sich: Dieses System der Finanzierung hat zwar Kosten gespart, aber auch falsche Anreize gesetzt, unter anderem zu Lasten der Kinderkliniken. Nun soll das Vorhalten von Betten und Personal besser honoriert werden – und das ist sinnvoll.

 

Nicht mehr jede Klinik darf alles machen

 

Eine Geburtsstation kann sich nicht rechnen, wenn in einem nicht so zentral gelegenen Krankenhaus jährlich nur 500 Kinder geboren werden, also durchschnittlich weniger als zwei pro Tag – aber zugleich eine Bereitschaft rund um die Uhr erforderlich ist. Gerade die kleinen Kliniken auf dem Land haben es im Umgang mit den Fallpauschalen schwer, ihre Kosten zu decken. Oft haben sie nicht genügend Operationen. Doch zugleich haben diese wohnortnahen Krankenhäuser große Bedeutung für die flächendeckende Versorgung, auch wegen des Ärztemangels in den dünn besiedelten Regionen.

 

Nun gibt es den Vorschlag, Krankenhäuser in drei Stufen aufzuteilen: Erstens die kleinen, überwiegend ambulanten Häuser für die Grundversorgung, zweitens mittlere Häuser für schwierigere Eingriffe und drittens Uni-Kliniken für die Maximalversorgung. Dies führt zu einer stärkeren Spezialisierung, heißt aber auch: Nicht mehr jede Klinik darf alles machen. Grundsätzlich ist das sinnvoll, weil viele Operationen mehr medizinische Erfahrung bedeuten. Aber man kann sich fragen, ob ein ambulantes, also nicht-stationäres Haus überhaupt noch als Krankenhaus bezeichnet werden kann.

 

Planung in Berlin wäre nachteilig

 

Unbestritten ist, dass eine Planung der Krankenhauslandschaft nötig ist. Doch wenn sie zentral aus Berlin gesteuert würde, wäre das nachteilig. Denn die Kliniken in Deutschland, frei, gemeinnützig, privat oder kommunal betrieben, sind viel zu unterschiedlich aufgestellt. Die Situation in Nordrhein-Westfalen ist anders als in Brandenburg und wieder anders in Hamburg. Daher ist es sinnvoll, wenn die Länder für diese Planung zuständig bleiben, weil sie mehr Ortskenntnis haben.

 

Und für die sogenannten strukturschwachen Gebiete sollte weiterhin gelten, dass Angehörige von Patienten innerhalb von 20 Minuten mit ihrem Auto ein Krankenhaus erreichen können. Gerade die Kliniken auf dem Land dürfen nicht die Verlierer der Reform sein. Sie brauchen dringend Planungssicherheit – und mehr Geld.

 


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