Geplante Reform des Waffenrechts führt in die Irre

Nancy Faesers Vorstoß löst keine Probleme, sondern belastet unnötig Jäger und Sportschützen
Habautomatische Gewehre auf einer Waffenmesse. (Symbolbild: mlz)
Habautomatische Gewehre auf einer Waffenmesse. (Symbolbild: mlz)

 

Von Jürgen Wermser

 

Keine Frage, die Krawalle zu Silvester haben tiefe Spuren hinterlassen, nicht nur auf den Berliner Straßen, sondern auch in den Köpfen vieler Politiker. Vor allem bei Sozialdemokraten sitzt der Schock tief. Schließlich sind es Mitglieder ihrer Partei, die momentan auf Regierungsebene für die öffentliche Sicherheit verantwortlich zeichnen: Im Bund Innenministerin Nancy Faeser und in der Hauptstadt die dortige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey.

 

Dass Giffey aufgrund einer schlampig durchgeführten und deswegen ungültigen Wahl in Kürze wieder um ihr Amt bangen muss, trägt auch nicht gerade zur Beruhigung innerhalb der SPD bei. Denn auch den Sozialdemokraten ist klar: Sobald die Bürger den Eindruck gewinnen, der Staat kümmere sich nur noch unzureichend um Recht und Ordnung, kann es für Regierende bitter werden. Im Klartext: Es drohen massive Vertrauens- und Stimmenverluste. Schließlich ist es eine selbstverständliche Aufgabe des Staats und seiner Amtsträger, alle Bürger zu schützen und die geltenden Regeln durchzusetzen. Da ist praktisches Regierungshandeln gefragt, etwa durch effektivere Abläufe in Behörden, eine enge Vernetzung von Ämtern inklusive mehr Datenaustausch und nicht zuletzt durch eine gute Personalausstattung von Polizei und Sicherheitsbehörden im weitesten Sinne.

 

Geld und guter Wille

 

Dies setzt bei den verantwortlichen Politikern entsprechenden Willen und die Bereitschaft zu einer ausreichenden Finanzierung voraus. Und an beidem hat es aus verschiedenen Gründen viel zu lange gemangelt. Gewiss, dafür kann man Faeser nicht allein verantwortlich machen. Schließlich ist sie erst seit etwas über einem Jahr Bundesinnenministerin. Aber eines darf man schon von ihr erwarten: die Bereitschaft zu konkretem, ernsthaftem Handeln in Form von praktischer Sacharbeit. Doch genau dies scheint Faeser nicht zu beabsichtigen, wie ihre jüngsten Vorschläge für ein verschärftes Waffenrecht zeigen.

 

Blickt man darauf zurück, was diese von Aktionismus geprägte Debatte ausgelöst hat, geht es um Missbrauch von Feuerwerkskörpern und die illegale Bewaffnung sogenannter Reichsbürger. Es geht aber auch um Kriminelle wie etwa im Zusammenhang mit Drogenhandel, Prostitution, Schutzgelderpressung, Raubüberfällen, Einbrüchen und bewaffnet ausgetragenen Rivalitäten in diesem Milieu. Als „Handwerkszeug“ werden dort in der Regel illegal bezogene Waffen eingesetzt. Wer pauschal über Verschärfungen im Waffenrecht redet, trifft auch diejenigen, die legal, geschult und mit entsprechender Sachkunde zur Jagd oder in Vereinen des Deutschen Schützenbundes auf die Schießstände gehen.

 

In der Regel scheut kein Jäger die notwendige Kontrolle

 

Natürlich mag man theoretisch über die Sinnhaftigkeit der einen oder anderen Regelung im Waffenrecht streiten. Nur wird sich dadurch allein kaum etwas zum Besseren ändern. Denn das eigentliche Problem sind nicht die jetzt schon sehr strengen gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland, an die sich allenfalls mit beklagenswerten und vereinzelten Ausnahmefällen Schützen und Jäger halten. Die zuständigen Verbände gehen dann entsprechend entschlossen damit um. Vielmehr hapert es an der administrativen und politischen Umsetzung, weil die entsprechenden Behörden personell überlastet sind. In der Regel scheut kein Jäger die notwendige Kontrolle vom Umgang mit seinen Waffen und der Verwahrung. Gesetzlich ist das sauber geregelt.

 

Die Frage bleibt, ob zusätzliche Vorschriften die in dieser Debatte genannten Probleme lösen könnten. Wohl kaum. Sinnvoller wäre es daher, die Datenflüsse zwischen allen staatlichen Stellen zu optimieren, so dass unzuverlässige oder gar gefährliche Waffenbesitzer schnell identifiziert und sanktioniert werden könnten.

 

Hoher Verwaltungsaufwand

 

Doch Faeser geht einen anderen Weg, etwa wenn Käufer beim Erwerb einer Waffe künftig auf eigene Kosten ein ärztliches und psychologisches Zeugnis vorlegen sollen. Eine solche Vorschrift galt bisher nur bei Personen unter 25 Jahren oder wenn Zweifel an der persönlichen Eignung bestehen. Die von Faeser geplante praxisferne Reform führt zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand an der falschen Stelle. Gleichzeitig werden jedoch von der Ministerin unausgesprochen alle Waffenbesitzer unter eine Art Generalverdacht gestellt. Das löst die Probleme nicht, um die es in dieser Debatte geht.

 

Was bleibt ist der Eindruck von politischem Aktionismus im Blick auf bevorstehende Wahlen in Berlin, aber auch in Hessen, wo Faeser als SPD-Spitzenkandidatin im Gespräch ist. Hauptsache, man demonstriert Tatkraft für die Öffentlichkeit, so scheint das Kalkül zu sein. Für diese wenig seriöse Strategie spricht auch die Kommunikationsweise des Ministeriums. So haben die Medien den Entwurf für eine Reform des Waffenrechts frühzeitig auf den Tisch bekommen, während die zuständigen Parlamentarier außen vor blieben und sich aus der Presse informieren mussten. Für Marc Henrichmann, den Unionsexperten für Waffenrecht im Innenausschuss des Bundestags, ist dies eine „klare Missachtung des Parlaments.“ Wer wollte ihm da ernsthaft widersprechen…

 


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