Düstere Wolken überm Immobilienmarkt – Cannabis-Freigabe und die Gesundheit – Vertrauenspositionen in den Ministerien

Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche

 

Liebe Leserinnen und Leser unseres Politblogs,

 

die anhaltende Inflation mit dramatisch steigenden Baukosten und wachsende Finanzierungsaufwendungen führen bei einem gleichzeitig unveränderten Nachfragedruck auf dem Mietwohnungsmarkt zu Anspannungen auf dem gesamten Immobilienbereich. Wenn das Statistische Bundesamt erstmals seit 2010 von einem fallenden Häuserpreisindex berichtet, so sind dies Alarmzeichen nicht nur für die Branche, sondern für jeden Hausbesitzer. Im vierten Quartal 2022 sind nach Angaben der Statistiker die Preise für Wohnimmobilien um 3,6 Prozent zum Vorjahr und um 5,0 zum vorherigen Quartal gesunken. Bezogen auf den Jahresdurchschnitt wurde ein Minus von 5,3 Prozent errechnet. Das ist in Summe sicher noch kein Anzeichen für den Zusammenfall einer Immobilienblase. Aber das sind Anzeichen, die zu Unsicherheiten und erster Unruhe im Markt führen. Diese wird verschärft, wenn das wirkt, was bei Altbeständen durch die Auflagen- und Verbotspolitik unserer Regierung im Heizungs- und Sanierungsbereich zu erwarten ist. Jetzt zeigt sich schon ein bereits eingesetzter dramatischer Preisverfall bei Altimmobilien mit Sanierungsbedarf – bzw. der zu erwartenden Pflicht dazu. Wen trifft es besonders? Wer vor allem in den ostdeutschen Regionen übers Land fährt, sieht vielfach die kleinen älteren Häuser, denen man den zu erwartenden – besser: bald amtlich verordneten – Sanierungsbedarf auf den ersten Blick ansieht. 

 

Jost Springensguth
Jost Springensguth

Zum Wochenende hin wurden weitere Anzeichen einer Immobilienkrise durch die Meldungen über den Wohnimmobilienkonzern Vonovia konkreter. Aus einem Vorjahrsgewinn von knapp 60 Millionen wurde jetzt aktuell ein Verlust von über zwei Milliarden. Und der Wert des Immobilienportfolios ist bei 91 Milliarden um 3,5 Milliarden gesunken. Zu allem Übel meldet das Unternehmen als größter deutscher Immobilienkonzern, dass installierte Wärmepumpen nicht in Betrieb genommen werden können. Der Grund: Engpässe im Netz lassen die notwendige Stromversorgung nicht zu. Das sind Aussichten großer Wohnungsunternehmen, die wohl auch anderswo schon sichtbar werden. Von der Erfüllung der wohnungsbaupolitischen Zielsetzungen der Ampel kann schon gar nicht mehr die Rede sein. Nach aller Erfahrung kommen solche Entwicklungen dann mit Verzug auch im Kleinen an. 

 

Da sind wir wieder bei vielen Menschen, die zu großer Zahl gerade auch auf dem Lande in ihren Häusern leben, die mühsam als Beitrag zur Altersversorgung abbezahlt sind. Zunehmend hören wir von einer dort besonders verbreiteten Unsicherheit, die die Ankündigungen von Wirtschaftsminister Habeck und seiner Kabinettskollegin Geywitz mit Vorlage des Entwurfs zum Gebäudeenergiegesetz bzw. des sog. Heizungsgesetzes ausgelöst haben. Danach müssen ab nächstes Jahr neue Anlagen auf fossile Brennstoffe verzichten, um die Hausbesitzer auf den Umstieg zum Heizen mit erneuerbaren Energien zu verpflichten. Damit soll also die radikale Wärmewende eingeleitet werden. Davor liegt noch eine Hürde. Das ist das Gesetzgebungsverfahren, das nun wohl noch zu vielen Streitereien im Bundestag, seinen Ausschüssen und auch in den Fraktionen führen wird. Dann wird auch die haarsträubende Überlegung von strengeren Regeln oder gar einem Verbot von Holzheizungen auf den Tisch kommen. Der Verband der Waldeigentümer (AGDW) sieht mit guten Gründen darin eine Diskriminierung der Holzindustrie.

 

Bei aller Einsicht in die Notwendigkeit einer veränderten Klimapolitik wird die deutsche Rigorosität über unsere Grenzen hinaus nicht zum Ziel führen. Das ist in dieser Woche auch beim jährlichen sogenannten Petersberger Klimadialog deutlich geworden. Wir reden nun einmal auch über globale Entwicklungen, die wir nicht beeinflussen können. Das gilt etwa für die bevölkerungsreichsten Länder der Welt wie China, Indien, aber auch Russland, wenn es um das Energie- und Nachhaltigkeitsverhalten mit dem dort steigenden Verbrauch von Kohle und Gas geht. Wir können Signale setzen. So gesehen kann unser zu erwartendes Gebäudeenergiegesetz nur einen kleinen Beitrag leisten, wenn es um das Weltklima geht, das nun einmal keine Grenzen kennt.  

 

Man kann ja über Angela Merkel im Nachhinein murren, wie man will. In einem hat sie recht: In einer Demokratie braucht man Mehrheiten. Da sind wir schon wieder beim Klimaschutz und denjenigen, die sich als letzte Generation bezeichnen. Mit Gewalt kann man nur in Diktaturen und Autokratien Politik machen. Und das in der Regel von oben und nicht von unten. Die politischen Debatten führen wir in Teilen so, als ob das nicht mehr gelte. 

 

So reden wir auch über ein anderes Thema, bei dem es nicht nur um die Volksgesundheit geht, sondern um unsere gesellschaftliche Entwicklung. Die Cannabis-Legalisierung ist in aller Munde. Gottseidank damit noch nicht die Joints, mit denen wir dann zum legalen Kiffen übergehen könnten. Welche konkreten Folgen das haben wird, kann auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nicht wirklich wissen – auch wenn er eine Vielzahl von Studien und Erfahrungen aus anderen Ländern bemüht. Das immer wieder auch von ihm zitierte Argument, bisherige „Konsumenten“ werden entkriminalisiert, kann für seine Ressortzuständigkeit nicht gelten. Geht es da wirklich um die Gesundheit unserer Bevölkerung? Die Liberalisierung bei Konsum, Anbau und Vertrieb von Cannabis solle seiner Meinung nach den Verkauf von schlechtem, mit unklaren Substanzen angereicherten Stoff auf dem Schwarzmarkt verhindern. Das kann zwar für einen Parteipolitiker vielleicht gelten, nicht aber für einen Gesundheitsminister. Da wäre dann etwa die Innenministerebene gefragt. Zum Beispiel wenn es um die Folgen im Straßenverkehr geht, wo neben den Alkohol-Grenzwerten für Drogen viel zu erwarten, aber kaum etwas geregelt ist. Auch dieses Thema wird noch im parlamentarischen Verfahren zu heftigen Redeschlachten führen. Dazu ist auch hier die Frage zu stellen, ob nicht auch eine Minderheitsmeinung gegenüber einer Mehrheit durchgesetzt werden soll. Zumindest vermittelt jedenfalls eine vom Deutschen Hanfverband in Auftrag gegebene Umfrage eine geteilte Meinung im Lande.

 

Bei aller Kritik, mit der wir uns in unserem Politblog mit Folgen und Auswirkungen der Politik auf den ländlichen Raum befassen, wollen wir diesmal das außen vorlassen, was an Persönlichem auch für Schlagzeilen aus Berlin sorgt. Das sind die Entscheidungen über die Besetzung von Vertrauenspositionen an den Spitzen der Ministerien. Dabei ist es nicht neu, dass im unmittelbaren Umfeld der Amtsinhaber neues Personal berufen wird. Es wäre ja geradezu unvorstellbar, dass etwa Boris Pistorius das Spitzenpersonal seiner Vorgängerin Christine Lambrecht eins zu eins übernimmt. Da wird aus Vertrauensgründen wie bei Volker Wissing die eine oder andere im Öffentlichen Dienst vorgeschriebene Stellenausschreibung mal „vergessen“. Das muss aber nicht in dem Maße geschehen, wie es aus dem Hause des Wirtschaftsministers scheibchenweise bekannt geworden ist. In vielen Medien führte das online in Schlagzeilenformulierungen zu Begriffen wie „Graichen-Clan“, „Grüner Morast“ oder „Vetternwirtschaft bei Habeck“. Im Moment reiben sich viele Beobachter die Augen, wie souverän der Minister auch mit diesem Thema umgeht. Das erinnert an das Teflon-Prinzip. Mal sehen, wie lange er das durchhält.    

 

Mit diesem Hinweis verabschiede ich mich in ein hoffentlich angenehmes Wochenende und empfehle weiter unseren Blog – auch wenn Sie nicht immer unserer Meinung sind, wie wir die abgelaufene Woche betrachten. 

 

Ihr

Jost Springensguth

Redaktionsleitung / Koordination

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