Nicht jedes Dorf ist ein Geschäft

Hunderte Gebiete warten immer noch darauf, in der sogenannten Funklochkarte nicht mehr mit dem Zusatz „kein Empfang“ geführt zu werden

Funkmast auf dem Land. (Symbolbild: IndiraFoto)
Funkmast auf dem Land. (Symbolbild: IndiraFoto)

 

Von Wolfgang Kleideiter

 

Was haben Westpfalz, Hunsrück und Möhnesee gemeinsam? Ein Handynutzer darf sich hier an zahlreichen Ecken nicht darüber wundern, dass er weder einen Anruf noch via Internet eine Push-Nachricht erhält. Den Erholungssuchenden könnte das freuen, einen Bewohner sicherlich nicht.

 

Bis zum Ende dieses Jahres sollten Telekom, Vodafone und Telefónica (O 2) eigentlich die letzten 500 der entlegenen Standorte mit Internet via Mobilfunk versorgen. Gelingen wird dies nicht, auch wenn die Branchenriesen in den vergangenen Tagen immer wieder neue und höhere Zahlen nannten, die Fortschritt und Bemühungen belegen sollen. Es bleiben hunderte Gebiete, die weiter darauf warten, in der sogenannten Funklochkarte der Bundesnetzagentur nicht mehr als Messpunkt mit dem Zusatz „kein Empfang“ geführt zu werden.

 

„Der Zwischenstand ist unbefriedigend“

 

Als jetzt die Bundesnetzagentur als zentrale Infrastrukturbehörde Deutschlands ihren Beirat über den Stand der Mobilfunkversorgung unterrichtete, plusterte manch einer bereits die Backen. Behördenchef Klaus Müller twitterte privat auf dem Weg zum Beirat angesichts erster Medienberichte: „Der Zwischenstand ist unbefriedigend.“ Und als er gefragt wurde, was er denn zu tun gedenke, twitterte Müller vielsagend: „Niemand sollte an der Entschlossenheit der Bundesnetzagentur zweifeln.“

 

Wieder einmal ist von Zwangsgeld und Sanktionen die Rede, wobei auch Müller weiß, dass die Mobilfunkunternehmen nicht allein für die seit langem beklagte Misere und das Nichterreichen des Silvester-Ziels verantwortlich sind. Beim Streit geht es um Gebiete, in denen bisher keiner der drei Netzbetreiber einen Download von 100 Megabit pro Sekunde ermöglicht. Bei der Frequenzauktion im Jahr 2019 wurde aber genau die Bearbeitung dieser Lücken zur Auflage gemacht. Der Bund kassierte bei der Versteigerung rund 6,6 Milliarden Euro.

 

Kompliziertes Bau- und Planungsrecht

 

Ein kompliziertes Bau- und Planungsrecht und die zuweilen schwierige und monatelange Standortsuche für Mobilfunkmasten erschweren den Unternehmen nach eigenen Angaben, die letzten Löcher zu schließen. Im Hintergrund dürften aber auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen, denn nicht in jedem Dorf ist ein Geschäft zu machen. Hin und wieder ist zu hören, dass ein Versorgungsgrad von 98 Prozent der Haushalte schließlich nicht gleichbedeutend sei mit 98 Prozent der Fläche. Kurzum: Dort, wo wenige Menschen zu Hause sind, gibt es keine Leistung.

 

Zusammenarbeit der Konzerne zum Wohle der Nutzer?

 

Eine Verbesserung könnte eventuell erreicht werden, wenn man sich politisch dazu entschlösse, nach dem Muster EU ein nationales Roaming zu erlauben. Im NRW-Landtag kam von der CDU bereits ein solcher Anstoß, um die Mobilfunkversorgung insbesondere im ländlichen Raum in Nordrhein-Westfalen zu verbessern. Zusammenarbeit der Konzerne zum Wohle der Nutzer. Die FDP in NRW, die nicht in der Landesregierung sitzt, hatte stets davor gewarnt. Es gebe ein Risiko, dass Mobilfunkkonzerne nicht in den Netzausbau investieren, wenn sie gezwungen sind, ihre Leistung mit der Konkurrenz zu teilen.

 

Festzuhalten bleibt allerdings: Statt sich Jahr für Jahr darüber zu ärgern, dass Ziele nicht erreicht werden, sollte man die Verbraucherbrille aufsetzen. Wenn es dem ländlichen Raum hilft, wäre ein nationales Roaming von Vorteil. 

 


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