Schlechte Stimmung in „THE LÄND“

In Baden-Württemberg steckt Grün-Schwarz in einem Umfrage-Tief, das auch den Rückhalt von Landesvater Winfried Kretschmann schwächt
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. (Quelle: Staatsministerium Baden-Württemberg)
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. (Quelle: Staatsministerium Baden-Württemberg)

 

Von Wolfgang Molitor

 

Die Sorgen der Bürger und Bürgerinnen in Baden-Württemberg wachsen. Mit ihnen kommt die Verunsicherung. Die jüngste Allensbach-Umfrage zeigt: Nur noch 48 Prozent sind zufrieden mit der wirtschaftlichen Lage im Südwesten, der sich - vermeintlich werbewirksam - „THE LÄND“ nennt. Im März vor einem Jahr waren es noch 63 Prozent. Machte sich vor einem halben Jahr jeder Zweite sehr große oder große Sorgen über die ökonomische Entwicklung, sind es mittlerweile 74 Prozent - auch wenn man im Land die Lage nicht ganz so pessimistisch eingeschätzt hat wie in anderen Teilen Deutschlands. Ähnlich groß sind die Sorgen beim Zustand von Umwelt und Klima (72 Prozent) und den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft (78 Prozent, im Vergleich zum Frühjahr ein Plus von 14 Prozent).

 

Dass das auf die Zustimmung mit der seit ihrem Bestehen ohnehin ziemlich blutleeren Koalition von Grünen und CDU durchschlägt, kann da nicht verwundern. Schließlich stehen wirtschaftliche Stabilität und politische Zufriedenheit in einem Wechselverhältnis. Und so fällt das Urteil der Befragten über die Landesregierung und ihren Übervater Winfried Kretschmann ziemlich mau aus. Wie schlecht die Stimmung im Land ist, zeigt ein interessanter Vergleich: Nur die (später krachend abgewählte) christlich-liberale Regierung unter dem damaligen hochumstrittenen CDU-Ministerpräsidenten Stefan Mappus hatte vor über zehn Jahren einen noch schlechteren Wert als Grün-Schwarz.

 

Auch die CDU mit schlechten Werten

 

Davon kann sich selbst Kretschmann, der noch immer populäre 74-jährige Landesvater nicht frei machen. Mit 54 Prozent (minus 6) ist seine Bewertung angesichts stetiger Umfrage-Höhenflüge ungewöhnlich schwach. 43 Prozent sind weniger oder gar nicht zufrieden. Immerhin: 55 Prozent der Befragten möchten ihn nicht vorzeitig entbehren und wollen ihn bis zur nächsten Landtagswahl im März 2026 behalten. Sein CDU-Vize, Innenminister Thomas Strobl, rauscht noch weiter runter. Magere 24 Prozent bescheinigen ihm eine gute oder sehr gute Bilanz, 46 Prozent sehen das komplett anders.

 

Aber die Umfrage hält dann doch noch ein kleines Zuckerl für Grün-Schwarz bereit: Im Vergleich mit der Berliner Ampel steht die politische Führung in Baden-Württemberg vergleichsweise gut da. Die Arbeit des Scholz-Kabinetts finden im Südwesten nur 29 Prozent gut.

 

Aber es rumort auch im Südwesten. Wohnungen fehlen trotz Runder Tische weiter, die Digitalisierung kommt nur schleppend voran, die Verwaltung ist nachweislich an viel zu vielen Stellen ineffizient und überbürokratisiert, und für die Ansiedlung neuer Industriebetriebe fehlt es an grünem Strom. Zudem geht es bei der von Kretschmann vehement verteidigten föderalen Schulpolitik seit Jahren stetig bergab.

 

Rechtsaußen im Aufwind

 

Und so schaut man im Land wieder angstvoll nach rechtsaußen. Die AfD, deren Anhänger die wirtschaftliche Lage mit 74 Prozent überdurchschnittlich schlecht beurteilen, legt wieder kräftig zu - von knapp zehn Prozent bei der letzten Landtagswahl 2021 auf jetzt 13 Prozent. Die Grünen liegen nur noch bei 27 Prozent (bei der Wahl 32,6), die CDU kann davon mit 26 Prozent nur minimal profitieren.

 

Die politische Entwicklung im Land ist daher schwer einzuschätzen - zumal man davon ausgehen darf, dass sich der weit im bürgerlich-konservativen Lager etablierte grüne Quotenbringer Kretschmann 2026 als dann 78-Jähriger nicht noch einmal zur Wahl stellen wird. Eine Ampel-Perspektive unter grüner Führung ist angesichts der starren Ablehnung durch die verbalradikale FDP kaum möglich, mag die SPD auch noch so sehr mit dieser Variante liebäugeln. Und die CDU: Auch ihr steht ein personeller Umbruch bevor, womöglich schon deutlich früher.

 

Und so stehen Thomas Strobl und Winfried Kretschmann schon heute für ein Bündnis, das sich über die restliche Zeit retten will. Männerfreundschaft hat man das mal genannt. Was auch im Südwesten längst viel zu wenig ist, um Probleme zu meistern und Wähler zu begeistern.

 


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