Grüne Verkehrspolitik in zwei Versionen

Es gibt Gerangel um den Ausbau der wichtigen Ost-West-Querverbindung A 20

Autobahn bei Nacht. (Symbolbild: Benjamin Wiens)
Autobahn bei Nacht. (Symbolbild: Benjamin Wiens)

 

Von Jürgen Muhl

 

Autobahn A 20 und kein Ende. Seit Jahren steht die wichtige Ost-West-Querverbindung auf der Kippe. Waren es zuletzt übereifrige Naturschützer, die ständig mit neuen Beständen an Kröten oder Fledermäusen das Verkehrsprojekt zum Erliegen brachten, sind es jetzt parteiinterne Querelen bei den Grünen, die der Küstenautobahn mit Elbquerung keine Chance geben wollen. Der grüne Ampelpartner in Berlin hat auf Rot geschaltet. Wie auch die Grünen in Niedersachsen, wo deren Spitzenkandidatin, Kultusministerin und Volkswagen-Aufsichtsratsmitglied Julia Willie Hamburg, eine grundsätzliche Gegnerin der automobilen Gesellschaft, das Projekt zum Scheitern bringen will.

 

Die A 20 führt von der polnischen Grenze quer durch Mecklenburg-Vorpommern

derzeit bis nach Bad Segeberg in Schleswig-Holstein. Von dort soll es weitergehen bis nach Glückstadt. Eine neu zu bauende Elbquerung, wohl ein zweiter Elbtunnel, führt dann auf niedersächsisches Gebiet und stellt den Anschluss an das jetzige bundesweite Autobahnnetz her. In Berlin haben sich SPD und FDP für einen Weiterbau im Zuge des Verkehrswegeplanes ausgesprochen – was ja viel heißt, denn Autobahnen sind Bundessache.

 

Anfang vergangener Woche wackelte das Projekt plötzlich im Kieler Landeshaus. Obwohl sich die Grünen im Zuge der Koalitionsverhandlungen mit der CDU wohl eher notgedrungen „für die Entwicklung Schleswig-Holsteins“ zur A 20 bekannt haben, brachte Fraktionschef Lasse Petersdotter den Koalitionsfrieden mit der CDU in Gefahr. Der Bau der Autobahn sei klimaschädlich, kritisierte der Grüne und schickte seine Fraktionskollegin Nelly Waldeck aufs Podium. Und die 25-jährige bekennende Klimaaktivistin legte so richtig los. „Würde es nach uns gehen, wird die A 20 nicht gebaut“, zuckte dann aber mit den Schultern und meinte, dass ihre Partei mit dieser Position in keiner möglichen Koalition eine Mehrheit bekommen hätte. 

 

Günther drängt auf das Projekt

 

Die Kieler Grünen haben nach ihrem kurzen Aufbegehren den Rückwärtsgang eingeschaltet. Auch die oppositionelle SPD hält an dem Projekt fest. Und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) will jetzt in Berlin bei Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) aufs Tempo drücken, um das – nach heutiger Kalkulation – Sieben-Milliarden-Projekt voranzubringen.

 

Schon heute steht fest, dass der von Dänemark und Deutschland gemeinsam finanzierte und 18 Kilometer lange Fehmarnbelt-Tunnel früher fertig sein wird. Im Jahr 2029. Dann wird nach heutigen Erkenntnissen noch kein Kubikmeter Erde unter der Elbe ausgehoben sein. Dabei sollen Fehmarnbelt-Tunnel und A 20 eine gemeinsame Zukunft haben. Es geht um den Verkehr von und nach Skandinavien. Auch um den Lkw-Verkehr. Ganz Deutschland wäre dann schneller verbunden mit dem Norden.

 

Wissing spricht ein Machtwort

 

So pochen die Wirtschafts- und Unternehmensverbände in Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen auf „ein klares Bekenntnis zur A 20“, wie es der Präsident des Unternehmensverbandes Nord, Dr. Philipp Murmann, fordert. Murmann: „Statt Resignation brauchen wir klare Ansagen auch in Richtung Hannover. Jeder Blick auf das deutsche Fernstraßennetz reicht doch, um zu verstehen, dass hier eine beispiellose Lücke klafft. Wenn der Norden zum Standort grüner Industrie werden soll, dann muss der Weg in den Südwesten auch frei sein“, sagte Murmann an die Adresse der Grünen. Am Wochenende sprach Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nun ein Machtwort: „Die A 20 wird zu Ende gebaut“, heißt es aus Berlin. Was als Schlappe für die

grüne Verkehrspolitik gewertet werden kann.

 


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