Auf die Basis kommt es an

Die Rolle der Kommunen in der Klimapolitik sollte dauerhaft und verlässlich gestärkt werden

Grafik erneuerbare Energien. (Quelle: Gerd Altmann)
Grafik erneuerbare Energien. (Quelle: Gerd Altmann)

 

Von Jürgen Wermser

 

Der Kampf gegen die zunehmende Erderwärmung ist ein politisch ebenso wichtiges wie mühseliges Geschäft. An der Dringlichkeit der Aufgabe besteht zwar kein ernsthafter Zweifel. Aber allzu viele handeln oder denken doch eher nach dem Sankt-Florians-Prinzip: Möge jemand anderes das Problem lösen. Auch die enttäuschenden Ergebnisse der jüngsten Weltklimakonferenz im ägyptischen Scharm el-Scheich sind Ausdruck dieser Haltung. Denn bei der Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen brachte die Konferenz kaum Fortschritte. Kein Wunder, dass sich die Bundesregierung enttäuscht zeigte.

 

Umso wichtiger, dass die Ampelkoalition auf nationaler Ebene ihre klimapolitischen Hausaufgaben macht. Dazu gehört ganz wesentlich eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und Finanzkraft - ein Wunsch, der gerade im ländlichen Raum stark verbreitet ist. Denn dort weiß man am besten, wo konkreter Handlungsbedarf besteht und wie die lokalen Prioritäten gesetzt werden sollten. Doch viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand, was auch so manche effektive Klimaschutzmaßnahme erschweren oder gar verhindern dürfte.

 

Ein wesentlicher Grund dafür: Bund oder Land beschließen zwar durchaus sinnvolle Programme, etwa zu Gunsten von Kitas oder Geflüchteten. Doch die Vorhaben werden nicht gleichzeitig auch ausfinanziert. Der alte Satz „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“ wird geflissentlich „von oben“ verdrängt. Ein konkretes Beispiel hier ist das Recht auf Ganztagsbetreuung. So zahlen selbst kleinere Städte oft mehrere hunderttausend Euro aus dem städtischen Haushalt für den Ganztag - Tendenz steigend. Dieses Geld fehlt natürlich an anderer Stelle, so dass auch der kommunale Spielraum für klimapolitische Maßnahmen geringer wird.

 

Bürgermeister müssen verantwortungsvolle Entscheidungen treffen

 

Gewiss, mittlerweile stellen viele Bundesländer den Kommunen zusätzliche Mittel für den Klimaschutz zur Verfügung. Aber auch hier bleibt natürlich die Frage, ob die Städte und Gemeinden die entsprechenden Vorhaben tatsächlich auf lange Sicht stemmen können - Stichwort eventuelle Folgekosten. Bürgermeister müssen hier abwägen und verantwortungsvolle Entscheidungen treffen. Und manchmal kann Nicht-Handeln die bessere Lösung sein, solange die Kommunen nicht systematisch und dauerhaft von Bund und Ländern entlastet werden. Im Klartext: Über den kommunalen Finanzausgleich sollten systematisch deutlich mehr Mittel an die Kommunen fließen.

 

Ein weiteres: Pauschale Mittelzuweisungen müssen unbürokratisch erfolgen. Denn gerade kleine Städte und Gemeinden sind mit der meist 30- bis 40-seitigen komplexen Antragstellung für Fördermittel nahezu überfordert. Ein zusätzliches Handicap kann der vorgegebene zeitliche Rahmen sein. So gibt es gerade aktuell oft keine Handwerker oder es fehlt Material. Dann müssen Fördermittel womöglich neu beantragt werden - auch dies eine heikle Belastung für kommunale Verwaltungen.

 

Wer anpacken soll, braucht auch verlässliches Werkzeug

 

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat jüngst die Bitte geäußert, dass sich Länder und Kommunen nicht hinter der Bürokratie verstecken, wenn es um mehr Tempo bei der Installation erneuerbarer Energien gehe. „Es gibt Bürgermeister, die lösen Probleme, und es gibt Bürgermeister, die bestaunen Probleme“ sagte Habeck auf einer Konferenz zu erneuerbaren Energien in Thüringen, zu der er von Berlin aus live zugeschaltet worden war. Das klingt schön griffig, ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn wer anpacken soll, braucht auch verlässliches Werkzeug - sprich eine zukunftssichere Finanzierung. Hierzu könnte der Minister auch mal ähnlich deutliche Worte in Richtung seiner Berliner Ampelkoalition und der verschiedenen Landesregierungen finden…

 


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