Günther regiert mit Bezug zur Basis im Lande

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident kann auf eine erfolgreiche Startphase verweisen

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther. (Foto: CDU Schleswig-Holstein / Sönke Ehlers)
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther. (Foto: CDU Schleswig-Holstein / Sönke Ehlers)

 

Von Jürgen Muhl

 

Das Wort „Schonfrist“ gilt zum Start der schwarz-grünen Regierung in Schleswig-Holstein nicht. Monika Heinold (Grüne) und Daniel Günther sind schon aus der Zeit der letzten Legislaturperiode eingespielt – nur fehlt jetzt die FDP, die von der Regierungsbank auf die harten Sitze der Opposition zu wechseln hatte. Das einmütige rot-grüne Selbsturteil fällt schlicht und harmonisch aus: Die ersten 100 Tage schwarz-grüner Regierungsarbeit sind einigermaßen gelaufen. Für Ministerpräsident Daniel Günther sogar „ganz hervorragend“, wie er selbst ausführt. Für die Opposition von SPD, FDP und SSW dagegen mehr schlecht als recht.

 

Nun, im Zuge des Krieges in der Ukraine und angesichts der Corona-Unwägbarkeiten bleibt vieles auf der Strecke, was normalerweise in die politische Bilanz einfließt. Und doch hat Daniel Günther 110 Punkte aufgeführt, die allesamt umgesetzt worden seien. Wenn das wirklich so ist, können sich alle im Kieler Kabinett mit Günther auf die Schultern klopfen.

 

Zwei Personalien könnten dem Ministerpräsidenten allerdings noch Probleme bereiten. Das ist zum einen das Festhalten an Staatssekretär Otto Carstens, der im Justizministerium untergebracht wurde. Es stehen Plagiatsvorwürfe im Zusammenhang mit seiner Doktorarbeit im Raum, dazu ist er wegen seiner Mitgliedschaften in zwei schlagenden Studentenverbindungen unter Druck geraten. Carstens hält letzteres für seine „Privatsache“. Zum andern hält sich die Kritik aus Unternehmens-Kreisen in Hinblick auf die Ernennung des parteilosen Dänen Claus Ruhe Madsen zum Wirtschaftsminister. Madsen hat es schon deshalb schwer, weil sein Vorgänger Bernd Buchholz (FDP) großes Ansehen in der Wirtschaft genoss und zahlreiche Projekte angeschoben hatte.

 

Vorbei mit dem guten Verhältnis zwischen CDU und FDP

 

Dass der blasse SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller, bei der Landtagswahl im Mai haushoch unterlegen, von "zu wenig" und "zu spät" lamentiert und die FDP gar von einem "Fehlstart, worüber das Eigenlob des Ministerpräsidenten nicht hinwegtäuschen kann" spricht, überrascht im Land zwischen den Meeren kaum jemanden. Die SPD ist fast von der Bildfläche verschwunden - vor kurzem unterlag sie in der SPD-Hochburg Flensburg noch einmal in einer Wahl. Die bisherige SPD-Oberbürgermeisterin Simone Lange verlor gegen den parteilosen Fabian Geyer ihr bisheriges Amt. Und die FDP hat ihr schlechtes Ergebnis von nur 6,4 Prozent und das daraus folgende Aus in der Landesregierung bis heute nicht verarbeitet. Mit dem früher guten und engen Verhältnis der Liberalen zur Landes-CDU ist es endgültig vorbei. Man grüßt sich nur noch, wenn es anders nicht geht und bevorzugt die Straßenseite gegenüber.

 

Schwarz-Grün war die logische Folge. Monika Heinold, Günthers Stellvertreterin und Finanzministerin, ist mehr Fan von Günther als eine kritische Gegenspielerin. Man verstehe sich im Kabinett ausgezeichnet, betont Heinold immer wieder aufs Neue. Eine heile schwarz-grüne Welt also in Kiel, die hier im Kleinen offenbar schon übt für das Große in Berlin. Haben sich Günther und Robert Habeck doch zu ihrer gemeinsamen Zeit in Kiel stets bestens verstanden. Und sie kommunizieren auch heute noch in vielen Dingen auf gleicher Wellenlänge. Abgesehen vom Einstieg der chinesischen Reederei Cosco in die Hamburger Hafenwirtschaft. Habeck hatte dagegen votiert, musste sich aber Kanzler Scholz beugen. CDU-Mann Günther ist dafür, steht dem Nachbarn bei und ist somit ein Unterstützer von Hamburgs SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher. Das sind zwei, die sich noch vor einigen Jahren eher aus dem Weg gegangen sind. Günther sieht Auswirkungen auf Schleswig-Holstein und bevorzugt einen wirtschaftlich starken Hamburger Hafen. Andernfalls würde großes Geschäftsvolumen abwandern, etwa nach Rotterdam, Antwerpen oder Zeebrugge.

 

Der ländliche Raum spielt eine große Rolle in Günthers Überlegungen

 

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident kann durchaus auf eine erfolgreichen Startphase verweisen. Die Landesregierung hat ein eigenes Hilfspaket für die Bürger in Höhe von 180 Millionen Euro auf den Weg gebracht. So etwas gibt es in dieser Form in keinem anderen Bundesland. Ein Klimaschutzprogramm ist auf den Weg gebracht worden. Dazu kommen die Ausweitung der Flächen für Windenergie, das schwimmende LNG-Terminal in Brunsbüttel oder das Kompetenzzentrum für klimaeffiziente Landwirtschaft. Auch die Ansiedlung eines schwedischen Batterieherstellers in der Nähe von Heide in Dithmarschen, wo bis 2026 über 3.000 neue Arbeitsplätze entstehen sollen, schreibt sich die Landesregierung auf ihre Fahnen. Der ländliche Raum spielt eine große Rolle in Günthers Überlegungen. Er selbst kennt die Probleme seines Flächenlandes, in dem die Landwirtschaft häufig den Ton angibt.

 

Günther pflegt eine enge Beziehung zur Basis. Als vor wenigen Tagen ein Cafébetreiber aus der Rendsburger Innenstadt in einer Mail an den Ministerpräsidenten seine Probleme schilderte, reagierte der in Eckernförde lebende Regierungschef sofort. Drei Tage später erschien er in der Nachbarstadt und nahm das Angebot zum Frühstücks-Gespräch an. Günthers Stärken liegen auch im Kleinen. 

 


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