Niedersachsen-Wahl – ein Denkzettel auch für Merz

Die CDU hatte die Unzufriedenheit mit der Ampel im Bund zum Wahlkampfthema gemacht, doch der Versuch misslang

Das für die CDU bescheidene Ergebnis der vierten Landtagswahl in diesem Jahr fällt auch auf CDU-Parteichef Merz zurück. (Symbolbild: iStock/keport)
Das für die CDU bescheidene Ergebnis der vierten Landtagswahl in diesem Jahr fällt auch auf CDU-Parteichef Merz zurück. (Symbolbild: iStock/keport)

 

Von Christian Urlage

 

Lag es an der Bundespolitik oder an der Landespolitik? Beim Wahlergebnis in Niedersachsen spielten beide Faktoren eine Rolle. SPD-Ministerpräsident Stephan Weil konnte mit Erfahrung punkten, auch weil sein blasser Kontrahent Bernd Althusmann von der CDU stets in seinem Schatten blieb. Beide hatten in der Großen Koalition so harmonisch miteinander reagiert, dass der Herausforderer kaum die Möglichkeit bekam, sich zu profilieren.

 

Althusmann und Parteichef Friedrich Merz hatten die Unzufriedenheit mit der zerstrittenen Ampel im Bund zum Wahlkampfthema gemacht, doch der Versuch misslang. Denn das brachte der Union keine Wählerstimmen, vermutlich, weil sie zu wenig klare Alternativen aufgezeigt hat. Das für die CDU bescheidene Ergebnis der vierten Landtagswahl in diesem Jahr fällt daher auch auf Merz zurück.

 

Vom Unmut über die Bundesregierung in Berlin profitierte vielmehr die populistische Protestpartei AfD, und das ist ein Alarmsignal für die deutsche Demokratie. Obwohl die AfD-Politiker in Niedersachsen zerstritten sind, ist die Partei mit ihrer Warnung vor Wohlstandsverlusten der Krisengewinnler, während die Union auf einen historischen Tiefstand absackte. Damit ist die letzte große Koalition in Bund und Land vorerst Geschichte, und die Union muss sich in Niedersachsen um die personelle wie inhaltliche Erneuerung kümmern.

 

Rücktritt Althusmanns macht den Weg für Silvia Breher frei

 

Der Rücktritt des soliden, aber zu wenig charismatischen Spitzenkandidaten Althusmann ist daher ebenso respektabel wie konsequent. Als eine mögliche Nachfolgerin für den Landesvorsitz wird Siliva Breher genannt. Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende aus dem Kreis Cloppenburg wäre nicht die schlechteste Wahl: Die 49-jährige Juristin aus Löningen dürfte mehr Jüngere ansprechen als bisher, und sie kommt aus einem sicheren Wahlkreis. Als Bauerntochter und ehemalige Geschäftsführerin des Kreislandvolkverbandes Vechta kennt sie im Detail die Belange des ländlichen Raumes. Einziger Nachteil: Breher besitzt kein Landtagsmandat, sondern ist Bundestagsabgeordnete.

 

Bei den Mehrheiten in den Wahlkreisen ist die politische Landkarte in Niedersachsen überwiegend rot gefärbt, abgesehen vom Südwesten Niedersachsens, wo die CDU traditionell ihre Hochburgen hat. In zwei städtischen Wahlkreisen – in Hannover-Mitte und Göttingen-Stadt – wurden die Grünen stärkste Kraft, ein Trend, der sich in den kommenden Jahren vor allem in den Großstädten verstärken dürfte. Dazu passt, dass In den beiden Osnabrücker Wahlkreisen die Grünen die CDU bei den Zweitstimmen überholt haben.

 

FDP und Linke in der außerparlamentarischen Opposition

 

Während die SPD geringe und die Union etwas größere Verluste hinnehmen musste, hat es die FDP und die Linken heftiger getroffen. Ihnen bleibt für die kommenden fünf Jahren nur noch die außerparlamentarische Opposition. Die erstarkten Grünen, zweiter Wahlgewinner neben der AfD, dürften sich mit der SPD bald in den Verhandlungen auf einen Koalitionsvertrag einigen.

 

Entscheidend wird dabei sein, wer welches Ressort erhält, gerade für die Bevölkerung in den nichtstädtischen Regionen. Denn in Fragen der Landwirtschaft, des Verkehrs und der Energie liegen SPD und Grüne durchaus inhaltlich auseinander. Ein Agrarressort unter erneuter Führung der Grünen dürfte die ohnehin vorhandene Unzufriedenheit unter den gebeutelten Landwirten weiter erhöhen.

 


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