Der Krieg, die Steuern und die Gier

Ein Teil der Wirtschaft macht Umverteilungsdebatten wieder salonfähig. Den Schaden hat das Gemeinwesen
Bruderkuss - Leonid Brezhnev und Erich Honecker am 5. Oktober 1979 anlässlich der 30 Jahre-Feier der DDR. (Symbolbild: betexion)
Bruderkuss - Leonid Brezhnev und Erich Honecker am 5. Oktober 1979 anlässlich der 30 Jahre-Feier der DDR. (Symbolbild: betexion)

 

Von Michael Lehner

 

„Kriegszeiten sind Geschäftszeiten“ lautet eine Weisheit aus dem Steinzeit-Kapitalismus. Leider geht in den Chefetagen mancher Konzerne aktuell der Irrglauben um, dass solches Denken auch in der Sozialen Marktwirtschaft seinen Platz haben könnte. Aber eine breite Bürgermehrheit ist da ganz anderer Meinung. Sogar in der Wählerschaft der Freidemokraten überwiegt die Sympathie für eine Sondersteuer.

 

Schönrechnen hilft nicht mehr: Die Zwischenbilanzen der Mineralölwirtschaft sind eindeutig. Da wird (un)gemein viel Geld verdient. Während das gemeine Volk Jahre des Mangels fürchtet. Und der Tankstellen-Rabatt aus Steuergeldern für wohl begrenzte Zeit das Schlimmste verhindern soll. Die Schuld daran allein dem Kreml-Diktator zuzuschreiben, wäre zu kurz gedacht. Herrn Putin spielt es zusätzlich ins Kalkül, wenn Menschen zunehmend an der liberalen Wirtschaftsordnung zweifeln.

 

Wenn Armut und Reichtum in einer Gesellschaft zugleich wachsen, sollten Demokraten solche Entwicklung als Alarmsignal begreifen. Mit der Begehrlichkeit wächst auch der Sozialneid. So entsteht eine Stimmung, die der Systemveränderung das Feld bereitet. Dies nach einem Dreivierteljahrhundert einer Erfolgsgeschichte, die den real existierenden Vulgärsozialismus eindrucksvoll widerlegte.

 

DDR-Nostalgie wieder salonfähig

 

Wer die Alarmsignale nicht ignorieren will, muss in den deutschen Osten schauen. Dort wird DDR-Nostalgie wieder salonfähig. Putin-Versteher machen sich, zumindest per Internet, auch im Westen breit. Das ist nur möglich, weil wachsende Teile des Publikums Politik hauptsächlich am persönlichen Wohlstand bewerten. Und dabei vergessen, welch ärmliches Dasein der Arbeiter- und Bauernstaat seinem Volk zumutete.

 

Wenn derart geschichtsvergessene Nostalgie nennenswerten Zuspruch findet, sollten Alarmglocken klingeln. Es wäre an der Zeit, dass Politiker ihre Wirtschaftskontakte nützen, um Mäßigung einzufordern. Auch im Blick auf Investitionen in China, das unverhohlen weltweite Vorherrschaft anstrebt. Und glänzend davon lebt, dass westliche Konzerne eine Schlüsseltechnologie nach der anderen ins Reich der Mitte exportieren.

 

Wenn in Moskau und Peking demnächst die Sektkorken knallen sollten, wäre die Mitschuld westlicher Gewinnsucht nicht zu leugnen. Aber den Schaden hätten gerade die Menschen, die auf die Parolen der Altlinken hereinfallen. Und glauben, dass Postkommunisten das Wohl der Massen im Sinn hätten. Wie ein Blick nach Moskau und Peking zeigt, stehen sie an Gier den Kriegsgewinnlern unserer Breiten nicht nach.

 


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