Höhere Milchpreise – doch die Bauern jubeln nicht

Auf dem Weltmarkt ist das Angebot an Milch und Milchprodukten aktuell sehr knapp, bei einer weiterhin hohen Nachfrage

Eine Glaskanne mit Milch und ein Glas mit Milch vor einem Sonnenblumenfeld. (Symbolbild: Couleur)
Eine Glaskanne mit Milch und ein Glas mit Milch vor einem Sonnenblumenfeld. (Symbolbild: Couleur)

 

Von Christian Urlage

 

Vor einigen Wochen kamen aktuelle Statistiken zur Landwirtschaft auf den Markt: Lediglich 54.000 Milchbauern arbeiten demnach in Deutschland, so wenig wie noch nie. Leicht abgenommen hat die Zahl der Milchkühe, auf 3,8 Millionen Tiere, das heißt pro Hof durchschnittlich 71 Kühe. In der Tendenz bedeutet diese Entwicklung: Die Zahl der Betriebe schrumpft, aber die Größe der einzelnen Betriebe nimmt zu.

 

Denn nur wer genügend Kühe besitzt, schafft es auch, finanziell zu überleben. Zahlreiche Landwirte geben daher schweren Herzens auf: Von Mai 2021 bis Mai 2022 haben rund 2.152 Betriebe ihre Ställe für immer geschlossen, vor allem in Bayern, wo die Höfe kleiner sind als andernorts, und in Niedersachsen. Oft wollen mögliche Nachfolger die Tätigkeit nicht mehr übernehmen, auch wegen der ungünstigen Arbeitszeiten.

 

Als in den 1980er Jahren die Produktion in der Landwirtschaft nach oben schnellte, war noch von Milchseen und Butterbergen die Rede, die von der Europäischen Gemeinschaft durch Regulierungen klein gehalten werden sollten. Diese Zeiten sind längst vorbei. Heute hängt das Einkommen der Milchbauern ab von Schwankungen auf dem Weltmarkt, und da ist das Angebot an Milch und Milchprodukten aktuell sehr knapp, bei einer weiterhin hohen Nachfrage. Das treibt die Preise seit einigen Monaten stetig nach oben, auf ein Rekordhoch.

 

Große regionale Unterschiede

 

So beträgt der Auszahlungspreis des Deutschen Milchkontors im Schnitt 56 Cent pro Kilogramm Milch, immerhin rund 20 Cent mehr als vor einem Jahr. Dabei bestehen erhebliche regionale Unterschiede: Im Norden Deutschlands sind die Milchpreise deutlich höher als im Süden, Westen und Osten der Bundesrepublik. Das hat auch damit zu tun, das im Norden mehr Basisprodukte hergestellt werden, zum Beispiel Magermilchpulver oder Butter.

 

Auf den ersten Blick könnten Beobachter vermuten, dass die Landwirte wegen des höheren Milchpreises jubeln. Doch dem ist nicht so, weil gleichzeitig ebenfalls die Kosten für Diesel, Strom, Dünger und Futter gestiegen sind. Und noch machen sich aufgrund langfristiger Verträge mit dem Handel die höheren Preise nicht überall beim Verbraucher bemerkbar. Wenn aber höhere Preise in den Supermärkten ankommen, dürfte auch die Nachfrage der Kunden sinken, zum Nachteil der Bauern. Aus diesen Gründen ist es verständlich, wenn sich nur verhaltene Freude einstellt.

 


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