Deutsche Bahn – viele Gründe für Verspätungen

Fehlende Verlässlichkeit ist das Hauptproblem des Unternehmens

Warten auf dem Bahnsteig, während ein ICE durchfährt. (Symbolbild: StockSnap)
Warten auf dem Bahnsteig, während ein ICE durchfährt. (Symbolbild: StockSnap)

 

Von Christian Urlage

 

Es könnte so schön sein: Wer als Fernpendler unterwegs ist, steigt in den Intercity, lehnt sich entspannt zurück, packt Laptop oder iPad aus, stellt die WLAN-Verbindung her und beantwortet auf dem Weg ins Büro schon mal E-Mails oder liest wichtige Texte. Und wenn der Zug pünktlich am Zielort eintrifft, ist schon etwas von der täglichen Arbeit erledigt. Ohne Stau, ohne Hektik fängt der Tag gut an.

 

So schön könnte es sein, aber in der Realität ist es oft weniger schön. Mal fällt der Internetzugang aus, mal müssen gestrandete Reisende auf Schienenersatzverkehr umsteigen – und Verspätungen von zehn, 20 oder 40 Minuten, manchmal auch mehr, gehören zum Alltag. Die Gründe dafür sind vielfältig und nicht immer von der Deutschen Bahn zu verantworten. Ein Notarzteinsatz, Personen im Gleis oder ein Polizeieinsatz lassen sich nicht verhindern. Aber die meisten Gründe, die aus dem Bahnhofslautsprechern ertönen, klingen anders: Signalstörung, Reparatur am Zug, Warten auf Anschlussreisende, Bereitstellung weiterer Wagen, Bauarbeiten, Umleitung des Zuges oder verspätetes Personal aus vorheriger Fahrt.

 

Ein täglich gebrochenes Versprechen

 

Es ist die fehlende Verlässlichkeit, die verärgert. Sie ist das Hauptproblem der Deutschen Bahn. Ein Ärgernis, das sich gefühlt eher verschärft als verringert hat. Verspätungen auf der Reise mit dem IC oder ICE sind eher der Normalfall als die Ausnahme. Die Angaben auf dem Fahrplan sind ein Versprechen, das die Deutsche Bahn tagtäglich bricht. Wer als Pendler in Gleitzeit arbeitet, ist gut dran, doch wer einen wirklich wichtigen Termin hat, nimmt lieber den Zug ein oder zwei Stunden früher, damit er ganz sicher rechtzeitig ankommt. Neu ist die Klage über diese Missstände nicht, aber der Eindruck verfestigt sich, dass die Bahn die Termintreue nicht in den Griff kriegt.

 

Günstig wie eine Butterfahrt

 

Unter diesen Voraussetzungen wird auch das 9-Euro-Ticket kaum einen Pendler zum Umstieg vom Auto bewegen. Zwar hat es sich 16 Millionen Mal verkauft, aber kurzfristig erzeugt das Angebot wohl eher Mitnahmeeffekte und noch längst nicht den wegen des Klimawandels gebotenen Umstieg. Denn im Vergleich mit dem Auto geht es nicht allein um den Preis, sondern auch um die Fahrzeit und um Anschlussverbindungen. Immerhin sind die Regionalbahnen und der Regionalexpress pünktlicher als IC und ICE.

 

Eine Generalsanierung der maroden Gleise, Weichen, Stellwerke und Brücken verspricht Verkehrsminister Volker Wissing, und sein Ressort will beim bundeseigenen Konzern Deutsche Bahn stärker eingreifen. „Ich erwarte, dass wir in Zukunft wieder die Uhr nach der Bahn stellen können“, sagte Wissing kürzlich. Ein ambitioniertes Ziel, doch die Frage, ob es tatsächlich erreicht wird, lässt sich wohl erst in einigen Jahren beantworten.

 


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