Ein mutiger Ministerpräsident

Die CDU überrascht in Schleswig-Holstein mit zwei Personalien

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (Foto: CDU Schleswig-Holstein / Sönke Ehlers)
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (Foto: CDU Schleswig-Holstein / Sönke Ehlers)

 

Von Jürgen Muhl

 

Nur ein Sitz fehlt den Christdemokraten zur absoluten Mehrheit in

Schleswig-Holstein. In den Koalitionsverhandlungen mit den Grünen bauten

Ministerpräsident Günther und sein getreues Team auf Harmonie. Fast täglich wurde dieses Signal in die Öffentlichkeit transportiert. Es war bei weitem nicht so, wie derzeit bekannt wird. Kaum jemanden aus der CDU-Verhandlungstruppe gelang es, in den sechs Wochen Vertrauen zu der grünen Wortführerin Aminata Toure aufzubauen. „Die wollte nur ihr Ministeramt“, heißt es inzwischen aus dem CDU-Lager. Günther kam nicht umhin, ihr das Ressort für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung zu übertragen. Eine Pflichtübung, kein überzeugter Verwaltungsakt. Das Grummeln in der CDU ist von Flensburg bis an die Hamburger Landesgrenze zu hören.

 

Unzufriedenheit macht sich auch an der grünen Basis breit. Der beschlossene Weiterbau der Autobahn A20 von Bad Segeberg bis Niedersachsen mit Elbquerung in Form eines Tunnels bei Glückstadt wird heftig kritisiert. Der designierte grüne Umweltminister Tobias Goldschmidt verteidigt die Zustimmung seiner Partei zur A20. „Das ist kein Kniefall, sondern ein Kompromiss“, sagt der Grünen-Politiker. Zur Forderung der Grünen Jugend, das Geld lieber in den ÖPNV zu stecken, bemerkt er: „Ein guter Vorschlag, aber der Koalitionsvertrag sagt etwas anderes.“

 

Unruhe an der grünen Basis

 

Die Grünen mussten also klein beigeben und werden in der nächsten Zeit alle Mühe haben, ihre Basis zu beruhigen. Dagegen macht die CDU weiter Tempo. Sie überraschte zu Beginn des Wochenendes mit zwei Personalien. Neuer Wirtschaftsminister soll der parteilose Rostocker Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen werden. Jener Verwaltungschef, der während der Corona-Pandemie mit ungewöhnlichen Maßnahmen und bemerkenswerten TV-Auftritten bundesweit im Rampenlicht stand. Zuletzt aber verblasste der Glanz des Dänen. Seine Entscheidung, die für 2025 in Rostock geplante Bundesgartenschau doch nicht an Land zu holen, führte in Mecklenburg-Vorpommern zu großem Unverständnis.

 

Offenbar setzt Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther auf den eloquenten Madsen, um die Kontakte zu Dänemark und damit auch zum Projekt Fehmarnbelt-Tunnel zu verbessern. Madsen tritt allerdings in große Schuhe, die Vorgänger Bernd Buchholz hinterlassen hat. Der FDP-Politiker genoss hohes Ansehen in der Nord-Wirtschaft und brachte Industrie, Handel und Gewerbe zwischen Nord- und Ostsee voran. Der bislang parteilose und grün angehauchte Madsen wird zunächst einmal die CDU-Mitgliedschaft unterschreiben müssen. Möglich, dass er schon dabei ins Stolpern gerät. Die überaus konservativ geprägte Führungsebene des schleswig-holsteinischen Unternehmertums blickt mit Skepsis auf die Personalie.

 

Überraschung im Agrarressort

 

Und Günther überraschte ein weiteres Mal: Werner Schwarz, Präsident des schleswig-holsteinischen Bauernverbandes, soll das Landwirtschaftsministerium übernehmen. Da passt es in die Landschaft, dass der 62-jährige Schwarz kürzlich sein Amt als Vize-Präsident des Bundes-Bauernverbandes aufgegeben hat. Nach einigen Jahren mit grünen Landwirtschaftsministern (Habeck, Albrecht) mag es in der Bauernschaft des nördlichsten Bundeslandes ein Aufatmen geben. Die Frage aber ist: Kann Schwarz mit seinem bäuerlichen Engagement in einem schwarz-grünen Kabinett neue Impulse setzen? Nicht am Kieler Tisch, sondern auf dem Lande wird diese Frage beantwortet. Dort, wo die Bauern noch ein Wörtchen mitzureden haben.

 

Ministerpräsident Daniel Günther hat vorgelegt. Offensiv, mutig, innovativ. Im Fall des dänischen Imports mag er im europaweiten Sinne gehandelt haben. Entscheidend aber ist, was Schleswig-Holstein weiter voranbringt. Dabei genießt Bauern-Chef Werner Schwarz weitaus größeres Vertrauen als der Däne, der aus Rostock an die Kieler Förde kommt.

 


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