Auf dem Weg zu Schwarz-Grün

Wahlsieger Wüst und Spitzenkandidatin Neubaur ticken bei Fragen der Nachhaltigkeit und Klimaneutralität durchaus ähnlich

Hendrik Wüst (Foto: Land NRW / Ralph Sondermann)
Hendrik Wüst (Foto: Land NRW / Ralph Sondermann)

 

Von Wolfgang Kleideiter

 

In den Wahlkampfwochen war es bereits zu erkennen. Die NRW-CDU hat sich mit ihrem smarten Ministerpräsidenten Hendrik „Henne“ Wüst so positioniert, dass sie sich mit einer modernen Politik der Mitte gleichermaßen für FDP und Grüne als Partner anbietet. „Machen, worauf es ankommt!“ Kein schlechter Slogan in einer Zeit, in der sich die Koordinaten unter dem Einfluss von Krieg, Corona und Klimawandel verschoben haben und Themen neu beurteilt werden müssen.

 

Glasklarer Sieg für Wüst und seine CDU

 

Im Westen gab es am Wahlabend keinen Krimi und kein Kopf-an-Kopf-Rennen, sondern einen glasklaren Sieg der CDU. 35,7 Prozent Stimmenanteil sind angesichts des prophezeiten Wimpernschlag-Finales ein Top-Wert. Vor allem im Vergleich zur Bundestagswahl 2021, bei der die Christdemokraten auch im bevölkerungsreichsten Bundesland den Kampf von Armin Laschet ums Kanzleramt mit 26 Prozent verloren. Hendrik Wüst durfte sich am Sonntagabend zu Recht feiern lassen. Der Mann aus dem münsterländischen Rhede ist in NRW das Gesicht des CDU-Erfolgs. Er punktet wie Daniel Günther in Kiel mit hohen Beliebtheitswerten.

 

Gewonnen ist aber noch nichts. Denn das verheerende Abschneiden der FDP, die auf 5,9 Prozent abstürzte, macht eine Fortsetzung der schwarz-gelben Regierungspolitik in NRW unmöglich. Die Lindner-Partei steht vor einem Scherbenhaufen. Im Saarland raus, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen nur knapp drin – es gibt erste Signale, dass die Niederlagen der vergangenen Monate nicht folgenlos bleiben werden. Schon in fünf Monaten steht die Landtagswahl in Niedersachsen an. Auch dort sieht es für die Liberalen in Umfragen eher mau aus.

 

„Schwarz-Gelb ist abgewählt“ – so tönte am Wahlabend die SPD und reklamierte für sich, dieses „Wahlziel“ erreicht zu haben. In Summe erhielten CDU und FDP als bisherige Regierung 41,6 Prozent der Wählerstimmen. Zum Vergleich: Die letzte rot-grüne Landesregierung in NRW wurde 2017 mit 37,6 Prozent abgewählt.

 

Kutschaty und seine Trotzhaltung

 

In der einstigen Herzkammer der Sozialdemokratie flimmert es heftig. Herausforderer Thomas Kutschaty muss damit leben, dass er als Spitzenkandidat seiner Partei das schlechteste SPD-Ergebnis in der NRW-Geschichte kassierte. 26,7 Prozent sind in einem Bundesland, in dem die SPD über Jahrzehnte regierte, ein Tiefschlag, der sich bis nach Berlin auswirkt. Dass Kutschaty trotz der Schlappe daran denkt, in Nordrhein-Westfalen eine Landesregierung zu schmieden, kann nur mit einer Trotzhaltung begründet werden. Wenn die Menschen in NRW tatsächlich Rot-Grün als Wunsch hegen würden, hätten sie sich nicht in Scharen von der SPD abgewandt. Es war Kutschatys großer Fehler, im Wahlkampf-Endspurt auf Kanzler Olaf Scholz zu setzen. Die Plakate mit den Konterfeis der beiden Herren wirkten angesichts der landespolitischen Themen irritierend. Vom Rückenwind aus dem Kanzleramt war nichts zu spüren.

 

Die Grünen orientieren sich immer mehr zur Mitte

 

Längst hat die Ampel, die Stand heute noch bis 2025 regieren soll, an Ausstrahlung verloren. „Mehr Fortschritt wagen“ steht über der Koalitionsvereinbarung von SPD, Grünen und FDP. Doch bisher macht man nur bei den Grünen, die sich immer mehr zur Mitte orientieren, den Fortschritt fest. Außenministerin Baerbock und Wirtschaftsminister Habeck überzeugen im jeweiligen Amt mit einem klaren Kurs. Ihre Arbeit dürfte das NRW-Ergebnis ebenso beeinflusst haben wie das häufig kritisierte Abtauchen und Zaudern von SPD-Kanzler Scholz. Dass die FDP in der Ampel häufig die kleine Opposition spielt, kommt ebenso nicht gut an.

 

Siege in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen – für den CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz läuft es aktuell rund. Nach der Saarland-Niederlage besteht jetzt die Chance, die Grünen in zwei Bundesländern als starken Partner zu gewinnen. Kommt es in NRW zu einem tragfähigen schwarz-grünen Regierungsbündnis, gerät die Ampel in Berlin unter Druck. Die SPD muss erkennen, dass sich die Grünen freischwimmen und selbstbewusst koalieren. Die FDP wird sich die Frage stellen, ob sich die Ampel für sie auf Dauer überhaupt lohnt.

 


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