Immer weniger Apotheken – eine Entwicklung, die Sorgen macht

Das Apothekensterben trifft Senioren, chronisch Kranke und Familien besonders hart

Ein Apothekenschild (Symbolbild: Serdar Ablak)
Ein Apothekenschild (Symbolbild: Serdar Ablak)

 

Von Christian Urlage

 

In Deutschland sinkt die Zahl der Apotheken – und diese Entwicklung bedroht die Gesundheitsversorgung, gerade auf dem Land. Daher müssen die Schließungen Sorgen bereiten. 1999 wurden in Deutschland 21.590 Apotheken gezählt, Ende März 2022 waren es nur noch 18.362 – ein historischer Tiefstand, und der Rückgang geht weiter. Erfasst sind in dieser Statistik auch die Filialen, von denen Apotheker bis zu drei betreiben dürfen. Ihre Zahl steigt kontinuierlich, doch das Netz wird dadurch nicht engmaschiger. In Nordfriesland, so berichtete der NDR, ist die nächste Apotheke im Schnitt 4,69 Kilometer entfernt.

 

Glaubt man den Angaben des Deutschen Apothekerverbandes, liegt die Dichte mit 22 Apotheken pro 100.000 Einwohnern inzwischen deutlich im unteren Drittel der EU-Staaten. Der Durchschnitt liegt in der Europäischen Union bei 32 Apotheken pro 100.000 Einwohnern. Die Gründe für die Schließungen in Deutschland sind vielfältig: Fachkräfte fehlen, das Durchschnittsalter der Mitarbeiter steigt und der Nachwuchs bleibt aus. Zwar nimmt der Umsatz pro Apotheke kontinuierlich zu, aber die Inhaber klagen über schwierige wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen wie eine zunehmende Bürokratie. Und die Pharmaindustrie lockt mit deutlich höherem Einkommen.

 

Apotheker sind die ersten Ansprechpartner bei Gesundheitsfragen am Ort

 

Noch reicht die flächendeckende Versorgung aus. Doch wenn weitere Apotheken schließen, müssen die Übriggebliebenen umso mehr Nachtdienste übernehmen. Und wie beim Ärztemangel haben in dünn besiedelten Regionen besonders drei Bevölkerungsgruppen das Nachsehen: die Senioren, die chronisch Kranken und die Familien. Nicht allein in ländlichen Gebieten sind die Apothekerinnen und Apotheker oft die ersten Ansprechpartner bei Gesundheitsfragen am Ort. Sie versorgen die Patienten mit Arzneimitteln und Medizinprodukten, beraten sie und klären sie über Risiken und Nebenwirkungen auf.

 

Zwar sind auch die konkurrierenden Online-Apotheken zur fachlichen Beratung per Telefon verpflichtet, doch ist diese Auskunft in vielen Fällen nicht wirklich zufriedenstellend, wie vor einigen Wochen die Stiftung Warentest festgestellt hat. Die Verbraucherorganisation prüfte ein gutes Dutzend Versandapotheken und bewertete nur den Testsieger DocMorris als gut.

 

Medikamente von Online-Apotheken: Praktisch, aber auch riskant

 

Der oft preiswertere Versandhandel über das Internet ist für Patienten zwar praktisch, weil die Medikamente über den Paketdienst direkt nach Hause geliefert werden. Aber der Schutz vor Arzneimittel-Risiken wie Überdosierung ist bei den Versand-Apotheken schlechter, weil die persönliche Beratung fehlt.

 

Was tun? Rezeptsammelstellen helfen, wenn die Entfernung zur nächsten Apotheke größer ausfällt als üblich. Oft werden diese Stellen zusammen mit einem Botendienst der Apotheke betrieben, eine Hilfe für alle, die krank oder schlecht zu Fuß sind. Um Wettbewerbsnachteile gegenüber Versandapotheken zu verkleinern, hatte Gesundheitsminister Jens Spahn in der vergangenen Wahlperiode das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz auf den Weg gebracht. Am 15. Dezember 2020 trat es zu großen Teilen in Kraft.

 

Seither gilt in stationären Apotheken der gleiche Preis für verschreibungspflichtige Arzneimittel wie in EU-Versandapotheken, die keine Rabatte mehr auf rezeptpflichtige Medikamente gewähren dürfen. Mehr Geld für Dienstleistungen fließt auch. Immerhin, das ist ein kleiner Schritt. Doch generell kann die Politik nur bedingt eingreifen, um das Apothekensterben zu stoppen.

 


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