Keine Schwarz-Weiß-Lösungen

Manch einer sieht es in NRW bereits „ampeln“. Doch im bevölkerungsreichsten Bundesland sind andere Machtkonstellationen weiterhin denkbar

V.l.n.r.: Thomas Kutschaty (SPD), Mona Neubaur (Grüne), Hendrik Wüst (CDU), Joachim Stamp (FDP), Markus Wagner (AfD). (Quelle: WDR Wahlarena zur Landtagswahl NRW: Fünfkampf der Spitzenkandidat:innen/Screenshot: YouTube #WDRaktuell #Nachrichten)
V.l.n.r.: Thomas Kutschaty (SPD), Mona Neubaur (Grüne), Hendrik Wüst (CDU), Joachim Stamp (FDP), Markus Wagner (AfD). (Quelle: WDR Wahlarena zur Landtagswahl NRW: Fünfkampf der Spitzenkandidat:innen/Screenshot: YouTube #WDRaktuell #Nachrichten)

 

Von Wolfgang Kleideiter

 

90 Minuten sind knapp. Zu kurz, um tief in komplexe Themen wie Energieversorgung, Verkehrs- oder Wohnungspolitik einzusteigen, Zusammenhänge zu erläutern und eigene Positionen zu begründen. Unter dem Diktat des Sekundenzeigers wirkte am Dienstagabend beim groß angekündigten „Fünfkampf“ vor der NRW-Landtagswahl deshalb manches gehetzt. 

 

Zieht man Moderatorenbeiträge und Beifall ab, blieben Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty, Familien- und Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP), Grünen-Landeschefin Mona Neubaur und AfD-Fraktionschef Markus Wagner jeweils eine knappe Viertelstunde. Kein Wunder, dass es am Ende Gemurre gab. Die innere Sicherheit – ein wichtiges Thema der CDU – kam überhaupt nicht zur Sprache. Eine kurze Runde zur Bildungspolitik wurde von Ängsten vor einer möglichen Corona-Welle im Herbst überlagert. Statt über Qualität und Zukunft der NRW-Schullandschaft zu sprechen, gab es Bemerkungen zu Abwassermonitoring (Neubaur) und Luftfiltern (Kutschaty). Wenigstens ist ein gemeinsames Ziel, die Schulen möglichst geöffnet zu halten.

 

Für die Frage, wer mit wem im Land regieren kann, waren kurze Runden, bei der die Fünf jeweils nur den Daumen heben oder senken sollten, durchaus interessant. Aber es zeigte sich, dass zu manchen Fragestellungen nicht einmal im Endspurt des Wahlkampfs Schwarz-Weiß-Lösungen passen. Hendrik Wüst, den ganzen Abend darauf bedacht, dem Amt entsprechend ruhig und besonnen aufzutreten, wies mehrfach darauf hin.

 

Windkraftanlagen zu nahe?

 

Beispiel: Die Abstandsregelungen bei Windkraftanlagen, die SPD und Grüne in NRW kippen wollen, hält Wüst für sinnvoll, um die Menschen in der Nachbarschaft für die energiepolitisch wichtigen Projekte zu gewinnen. Wenn man ihnen aufs Haus rücke, müsse man mit Klagen rechnen. Es brauche einerseits Rechtsfrieden und andererseits mehr Flexibilität: Solarstrom auf landwirtschaftlich schwachen Flächen, Windkraftanlagen in großen, von Klimawandel und Borkenkäfer geschädigten freien Bereichen im Wald. Man müsse eine Balance mit dem Artenschutz hinbekommen.

 

Herausforderer Thomas Kutschaty, dessen Hang zu Ironie nicht verborgen blieb (digitale ÖPNV-Abrufmodelle – „gerne auch telefonisch“), irritierte einerseits Mona Neubaur mit einer längeren Laufzeit der Kohlekraftwerke, setzte andererseits beim Thema Wohnungsbau einen SPD-typischen Akzent. Er will durch Landes- oder Kommunalgesellschaften mehr öffentlich geförderten Wohnraum schaffen. NRW hatte vor Jahren die LEG zusammen mit tausenden Wohnungen im Land verkauft.  

 

Scharfe Abgrenzung gegenüber AfD

 

Die FDP setzt – anders als die SPD – auch hier auf den Privatsektor. Joachim Stamp bekräftigte bekannte FDP-Positionen, fiel in der Wahlarena aber vor allem dadurch auf, dass er etliche Male AfD-Fraktionschef Wagner kräftig in die Parade fuhr. Hier ging es zur Sache.

 

Mona Neubaur (Grüne) stellte – wen wundert`s? – Bundeswirtschaftsminister Habeck im Laufe der 90 Arena-Minuten ein gutes Zeugnis aus. Energiewende und Mobilitätswende - flächendeckend und mit Förderprogrammen ausgestattet – sollen auch NRW in die grüne Zukunft führen.

 

Der mediale Showdown steht nach dem Arena-Abend noch bevor. Am 12. Mai – drei Tage vor der Wahl - treffen CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Oppositionsführer Thomas Kutschaty 75 Minuten vor laufender Kamera aufeinander. Dann dürfte es nach so viel Höflichkeit im „Fünfkampf“ deutlich härter zugehen. Kutschaty muss sich auf einen kämpferischen Wüst einstellen, der schon beim Auftakt zeigte, wie faktensicher er unterwegs ist. In der Wählergunst hat Wüst die Nase vorn.

 


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