Fracking in Deutschland: Prüfen, nicht verteufeln

Hierzulande ist es auch unter strengen Auflagen verboten – doch es wird verstärkt Flüssiggas aus den USA importiert, das mit umstrittenen Methoden gefördert wird

Schematische Darstellung des Frackings (Symbolbild: iStock/VectorMine)
Schematische Darstellung des Frackings (Symbolbild: iStock/VectorMine)

 

Von Christian Urlage

 

Keine Frage: Deutschland will und muss möglichst schnell unabhängig werden von russischer Energie, sonst sind etwa in der Chemie- und Pharmabranche Arbeitsplätze in Gefahr. Aber welche Alternativen bieten sich an? Bei der schwierigen Suche ist eine Methode wieder ins Gespräch gekommen, die seit 2017 hierzulande verboten ist: Fracking. Damit ließe sich in Deutschland Erdgas in erheblich größeren Mengen als bisher fördern.

 

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) spricht sich daher für eine ergebnisoffene Prüfung aus und sagt zur Begründung, die USA hätten sich dadurch völlig unabhängig vom Nahen Osten gemacht. Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) ist dafür, die Schiefergas-Vorhaben in seinem Bundesland zu erkunden. Auch Michael Hüther vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft hält es für richtig, jede Option zu prüfen, darunter die Gasförderung in Deutschland. Und der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie vertritt die Ansicht, damit ließe sich die Versorgungssicherheit erhöhen. Es handelt sich demnach bei Fracking um ein erprobtes Verfahren.

 

Sensibles Thema vor NRW-Wahlkampf

 

Beim Fracking wird ein Gemisch aus 95-99 Prozent Wasser und Sand sowie Chemikalien in den Boden gepresst, um Erdgas aus undurchlässigem Gestein zu lösen. Möglich wäre diese Förderung vor allem in Niedersachsen, in einem Gebiet zwischen Bremen, Braunschweig und Osnabrück, außerdem entlang der Ostseeküste in Vorpommern, in Nord-Hessen und im Oberrheingraben. Umstritten ist diese Methode der Gasförderung, weil Risiken für das Grundwasser bestehen. Auch deshalb ist NRW-Ministerpräsident Hendrick Wüst skeptisch, und Potenzial sieht er eher in Niedersachsen. Wüst wagt sich wohl auch wegen des Landtagswahlkampfs nicht so recht an das sensible Thema heran. Weniger überraschend ist die Ablehnung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: Das Wasserrecht spreche dagegen, es schädige die Umwelt und die Genehmigungsverfahren würden zu lange dauern, argumentiert der Grünen-Politiker.

 

Damit wird eine Diskussion wiederbelebt, die schon abgeschlossen schien, weil in der Öffentlichkeit die Angst vor den Gefahren dominierte. Doch noch vor wenigen Jahren erklärte der damalige Präsident des Bundesamtes für Geowissenschaften und Rohstoffe, der Geophysiker Hans-Joachim Kümpel, Fracking sei in Deutschland weniger gefährlich als Gülle, sofern strenge Vorschriften eingehalten würden. Auch andere Experten halten das Risiko einer Grundwasser-Verschmutzung unter scharfen Umweltauflagen für durchaus beherrschbar.

 

Deutschland agiert widersprüchlich

 

Aktuell hat eine ernsthafte Diskussion allerdings gar nicht erst begonnen, während LNG, also Flüssigerdgas, verstärkt aus den USA geliefert werden soll. Es handelt sich um Erdgas, das mit schmutzigen Methoden gewonnen wird, die in Deutschland nicht denkbar wären. Mit anderen Worten: Deutschland kauft von den Vereinigten Staaten Gas, das mit umstrittenem, umweltschädlichem Fracking gefördert wird, lehnt es aber selbst ab, Fracking unter strengeren Auflagen und Sicherheitsstandards auch nur zu prüfen. Das ist widersprüchlich und erinnert an den Spruch: Wasch mir den Pelz, aber mach‘ mich nicht nass! Ein typisch deutsches Verhalten, das so unglaubwürdig ist wie das Abschalten von Atomkraftwerken hierzulande, während gleichzeitig Atomstrom aus dem Ausland importiert wird. Mehr Ehrlichkeit in der Energiesicherheit wäre dringend nötig – und Fracking hätte zumindest eine ernsthafte Prüfung verdient.

 


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