Das noch teurere Leben auf dem Lande

Für die Landbevölkerung wird der Alltag zum Problem

Eine verzweifelte Frau mit einem leeren Einkaufswagen in einem Supermarkt. (Symbolbild: iStock/Igor Vershinsky)
Eine verzweifelte Frau mit einem leeren Einkaufswagen in einem Supermarkt. (Symbolbild: iStock/Igor Vershinsky)

 

Von Jürgen Muhl

 

Abgehängt. Allein gelassen. Tristesse auf dem Lande. Abseits von den Metropolen, wo nicht jeder auf das Auto angewiesen ist. In den ländlichen Regionen wird das Leben - im Verhältnis zu den größeren Städten - von Tag zu Tag besonders teuer.  Schon wenige Wochen nach der drastischen Dieselpreis-Erhöhung schlägt die Logistik durch. So kosten zahlreiche Produkte im nordfriesischen Verbrauchermarkt deutlich mehr als in Hamburg. Bis zu 20 Prozent, wie Stichproben ergeben haben. Und so manches Teil ist zwischen Husum und der dänischen Grenze gar nicht mehr zu haben. Was daran liegt, dass dem Logistik-Mittelstand just der Boden unter den Füßen weggezogen wird.

 

Keine Fahrer, hohe Spritpreise, stockende Lieferketten - die Spediteure trifft der Kriegsschock wie kaum eine andere Branche. Was dazu führt, dass die Kosten weitergegeben werden. An den Endverbraucher. Selbst grüne Politiker wünschen sich alte Zeiten mit einem Lkw-Boom auf den Straßen zurück. Dies wird zunächst einmal ein Wunschtraum bleiben. „Energiezuschlag, heißt es in den Schreiben des Großhandels. Ein Zuschlag, der nach den Entfernungen zwischen Lieferant und Verbrauchermarkt berechnet wird.

 

Krabbenfischern droht das Aus

 

Ein anderer Berufsstand, der in norddeutschen Urlaubsgebieten für Gourmetfreuden gesorgt hat, steht bereits jetzt vor dem Aus. Und das bei einem gemäßigten Dieselpreis von 1,50 Euro. Ein Preis, der in der Speditionsbranche zum Jubel führen würde, den Krabbenfischern aber die letzte Ölung vorbereiten lässt. Während der Preis für Schiffsdiesel, den die Betriebe weitgehend steuer- und zollfrei beziehen, im vergangenen Jahr noch zwischen 50 und 60 Cent je Liter lag, müssen Fischer nun etwa 1,50 Euro pro Liter zahlen. Ein Super-Preis, nur nicht für die Fischer.

 

„Wenn noch einer fährt, dann nur so lange, bis der Tank leerläuft, sagt der Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischer, Dirk Sander. Sein Verband betreut rund 100 Betriebe zwischen Sylt in Schleswig-Holstein und Ditzum in Ostfriesland. Das Krabbenfischen sei für die Betriebe zurzeit nicht mehr wirtschaftlich. Während in normalen Jahren Kosten für Kraftstoff einen Anteil von bis zu 20 Prozent des Umsatzes eines Betriebes ausmachten, seien es nun 50 bis 60 Prozent, sagte Sander. Da fast alle Betriebe kaum über Rücklagen verfügen, wird demnächst der Konkursrichter vor der Tür stehen. Wie auch bei zahlreichen Spediteuren.

 

Fahrgemeinschaften zum Einkauf

 

In der Landbevölkerung wird der Alltag zum Problem. Häufig liegt der nächste Supermarkt zig Kilometer entfernt. Die Fahrt mit dem Pkw wird zur kostspieligen Einkaufstour. Sie ist aber notwendig, da es in den meisten kleinen Gemeinden keinen Versorgungsbetrieb mehr gibt. Keinen Bäcker, keinen Metzger und schon gar keine Gastwirtschaft. Ausverkauf. Immer mehr Familien schließen sich zu Einkaufs-Fahrgemeinschaften zusammen. Das hat es in dieser Form nach dem zweiten Weltkrieg auch noch nicht gegeben.  

 


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