Jeder Bürger ist betroffen

Die Anerkennung der Separatisten-Gebiete wird Russland wirtschaftlich teuer zu stehen kommen. Doch auch die Menschen hierzulande werden tief in die Tasche greifen müssen

Zwei russische T 90 Kampfpanzer (Symbolbild: iStock/Maxim Timofeev)
Zwei russische T 90 Kampfpanzer (Symbolbild: iStock/Maxim Timofeev)

 

Von Jürgen Wermser

 

Die wirtschaftlichen Strafmaßnahmen gegen Russland sind schwerwiegend. Deutschland und andere EU-Staaten decken große Teile ihres Energiebedarfs mit Gas aus Russland. Niemand weiß, ob und gegebenenfalls wie lange Moskau die Lieferungen als Antwort auf Sanktionen einschränken wird. Wirtschaftsminister Habeck und auch EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen betonen zwar, man sei auf diese Möglichkeit vorbereitet. Die Versorgungssicherheit sei gegeben - aber um welchen Preis? Verbrauchern und Unternehmen drohen deutlich höhere Kosten, wenn das Gas aus Russland nicht im bislang vorgesehenen Maße fließen sollte. Das könnte die ohnehin schon hohe Inflation weiter befeuern.

 

Gewiss, Russland gehört nicht zu den wichtigsten Märkten Deutschlands. China, die USA und vor allem die anderen EU-Partner haben Vorrang. Die russische Volkswirtschaft erreicht mit umgerechnet knapp 1,45 Billionen Dollar (2020) nicht einmal die Größe Italiens. Doch Europa bezieht rund 40 Prozent seines Erdgases aus Russland, die meisten EU-Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind davon abhängig.

 

Geschäfte liefen immer besser

 

Nur zwei Prozent des deutschen Außenhandelsumsatzes entfallen auf Russland. Doch zuletzt entwickelten sich die Geschäfte positiv. So hatte im September 2021 der Handel Russlands mit Deutschland um fast 16 Prozent höher gelegen als im September 2019 und ein Volumen von 5,2 Milliarden Euro erreicht. Gleichzeitig waren die Investitionen deutscher Unternehmen in Russland gestiegen, und zwar laut Bundesbank bis zum Ende des zweiten Quartals auf fast 1,4 Milliarden Euro. Zu den in Russland besonders aktiven Firmen gehören etwa der Landmaschinenriese Claas aus Harsewinkel in Nordrhein-Westfalen mit seinem Werk im südrussischen Krasnodar oder auch der Milchproduktehersteller DMK Deutsche Milchkontor GmbH mit einer zweiten Käsefabrik in Bobrow in der südrussischen Region Woronesh.

 

Unter dem Strich entstehen durch Putins brutales Vorgehen neue Risiken für die Weltwirtschaft. Die internationale Arbeitsteilung mit Russland steht auf dem Prüfstand. Viele bislang bewährte Beziehungen und Geschäfte werden nun unter dem Gesichtspunkt Sicherheit grundlegend neu bewertet werden müssen. All dies wird Konsequenzen für Wachstum und Arbeitsplätze haben - in welchem Ausmaß wird man sehen.

 

Folgen für Verbraucher mildern

 

Viel hängt hier vom klugen Krisenmanagement der Europäer und Amerikaner ab. Und die Bundesregierung muss alles daransetzen, die negativen Auswirkungen auf hiesige Betriebe so gering wie möglich zu halten. Eine Entlastung bei den Energiekosten wäre ein guter Anfang. Sie ist ohnehin dringend geboten. Denn schon jetzt können viele Bürger die Kosten für Auto und Heizung kaum noch bezahlen.

 

Gleichwohl sind wirtschaftliche Sanktionen gegen Putins Aggression geboten. Europäer und Amerikaner müssen hier einen harten Kurs fahren, um noch Schlimmeres - sprich weitere Aggressionen und Erpressungen - zu verhüten. Denn Kremlchef Putin hat den Westen und insbesondere die Europäer massiv herausgefordert. Er stellt mit seiner Aggression alles infrage, worauf hierzulande Freiheit und äußere Sicherheit beruhen: Völkerrechtliche Verträge, Unverletzlichkeit der Grenzen, Achtung der Souveränität von Staaten. Der russische Präsident denkt in Großmachtkategorien und Einflusssphären. Für ihn zählt nur das Recht des militärisch Stärkeren. Das macht ihn zu einem unberechenbaren Sicherheitsrisiko.

 

Wir erleben gerade in Europa eine geostrategische Zäsur mit weitreichenden Folgen - politischer wie wirtschaftlicher Art. Jeder Bürger wird dies, ob er will oder nicht, persönlich zu spüren bekommen.

 


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