Klimadeiche gegen die Angst vor der großen Flut

Durch nachhaltige Schutzmaßnahmen soll die Küste an die Folgen des Klimawandels angepasst werden

Küstenlinie mit Wattenmeer und Deich in Westfriesland (Symbolbild: press4all)
Küstenlinie mit Wattenmeer und Deich in Westfriesland (Symbolbild: press4all)

 

Von Jürgen Muhl

 

Gewöhnlich behalten die Menschen zwischen Nord- und Ostsee die Contenance, wenn es um das Weltthema des steigenden Meeresspiegels geht. Seit Jahrhunderten gehen Nordfriesen oder Dithmarscher, die hinter den Deichen an der Nordsee leben, besonnen mit dieser Gefahr um. Der Generalplan Küstenschutz gehört zum Alltag - wie die Sorgen der Fischer um ihre nicht gesicherte Zukunft.

 

Und auch die Urlauber schauen kaum noch hin, wenn es vor den Inseln und Halligen zu neuen Sandaufspülungen kommt. So wie in den nächsten Monaten, wenn für 360 Millionen Euro Hand und Maschinen angelegt werden, um die Strände nach den Herbst- und Winterstürmen wieder brauchbar zu machen. Wieder einmal werden Deiche erhöht und mit einer breiteren Krone versehen.

 

Neue Struktur der Deiche

 

Was im Gegensatz zu früheren Planungen neu bewertet wird, ist die Struktur der Deiche. Sie wird verändert. Die Deiche sollen zur Wasserseite flacher und länger auslaufen.  Nach neuesten Erkenntnissen ist dadurch eine höhere Sicherheit gegeben, um die Kraft der Wellen bei Sturmfluten zu brechen.

 

Mehr als 330.000 Menschen leben hier in Gebieten, die von Überflutung bedroht sind. Schleswig-Holstein hat eine Küstenlinie von 1.100 Kilometern. Auch die Ostseeküste ist bedroht. Durch nachhaltige Schutzmaßnahmen soll die Küste zwischen Kappeln im Norden und Timmendorf im Süden an die Folgen des Klimawandels angepasst werden. 74 Kilometer Landesschutzdeiche werden zu „Klimadeichen“ umgebaut, die nach derzeitigem Kenntnisstand bis in das nächste Jahrhundert auch bei einer ungünstigen Entwicklung des künftigen Meeresspiegelanstiegs sicher sein sollen.

 

Küstenschutz als Wahlkampfthema

 

Etwa ein Viertel der Landesfläche Schleswig-Holsteins ist Ministeriumsangaben zufolge potenziell durch Sturmfluten gefährdet.  Dies ist bei insgesamt 2,9 Millionen Einwohnern ein beträchtlicher Teil eines Landes, in dem am 8. Mai ein neuer Landtag gewählt wird. Die Angst vor der großen Flut wird insbesondere von den Grünen im nördlichsten Bundesland als Wahlkampfthema genutzt. Ihr Umweltminister und Habeck-Nachfolger Jan Philipp Albrecht, der nach der Wahl zur Heinrich Böll-Stiftung ins flutsichere Berlin wechselt, zieht in diesen Tagen durchs Land und redet landauf-landab auch abseits der Küsten von einem möglicherweise um bis zu 1,30 Meter ansteigenden Meeresspiegel in gut 100 Jahren.

 

Bei solchen Prognosen kommen auch sturmerprobte Nordfriesen ins Grübeln. Die bunten Farben der amtierenden Jamaika-Koalition, sind nach einer neuesten Umfrage von einem verlängerten Haltbarkeitsdatum geprägt. Schwarz, grün und gelb haben in Schleswig-Holstein weiterhin gute Chancen. CDU-Ministerpräsident Daniel Günther will natürlich der Kapitän bleiben, wenn im Mai wieder nach den Jamaika-Farben gewählt werden sollte.   

 


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