Tadel für Schuldenabbau

Niedersachsen zählt wie Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Thüringen zu den Bundesländern, die bereits jetzt Corona-Kredite zurückzahlen

Euro-Scheine und -Münzen (Symbolbild: janeb13)
Euro-Scheine und -Münzen (Symbolbild: janeb13)

 

Von Christian Urlage

 

Für eine solide Haushaltsführung und den Abbau von Schulden sollte ein Finanzminister eigentlich gelobt werden – auch weil diese nachhaltige Aktion jüngeren Generationen zugutekommt und in künftigen Wirtschaftskrisen nützlich sein kann. Doch stattdessen erntete Niedersachsens Ressortchef Reinhold Hilbers kürzlich für sein diszipliniertes Vorgehen Kritik, und das gleich von mehreren Seiten.

 

Hilbers ist es gelungen, dass die im CDU-Fraktionssaal des Landtags in Hannover aufgestellte Schuldenuhr erstmals seit 25 Jahren wieder rückwärts läuft. Denn in jeder Stunde verringern sich Niedersachsens Schulden um 80.000 Euro. Insgesamt sollen in diesem Jahr 698 Millionen Euro getilgt werden, und damit sind nach Angaben des Finanzministers die konjunkturbedingten Kredite ausgeglichen. Darüber zeigt er sich im beginnenden Landtagswahlkampf stolz, auch wenn sich die Altschulden noch auf rund 70 Milliarden Euro türmen.

 

Rekordschulden im Jahr 2020

 

Im Jahr 2020 hatte der Landtag in Hannover wegen der Corona-Pandemie Rekordschulden zugestimmt. Von den 8,8 Milliarden Euro entfielen 7,4 Milliarden Euro auf sogenannte Notlagenkredite. In außergewöhnlich schwierigen Situationen lässt die Schuldenregel der Landesverfassung dies zu.

 

Nun zählt Niedersachsen wie Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Thüringen zu den Bundesländern, die bereits jetzt Corona-Kredite zurückzahlen. Eigentlich war die Tilgung erst ab 2024 vorgesehen, doch die günstige Entwicklung bei den Steuereinnahmen machte dem Land eine frühere Rückzahlung möglich. Andere Länder und der Bund leihen sich dagegen auch im Haushaltsjahr 2022 weiter Geld.

 

Lob vom Bund der Steuerzahler – Grüne: Klimaschulden abbilden

 

Als „löblichen Richtungswechsel“ würdigte die niedersächsische Entwicklung immerhin Bernhard Zentgraf vom Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen, während sich der Koalitionspartner SPD vornehm zurückhält. Kritik hagelte es dagegen von der Opposition im Landtag in Hannover. Erstaunlicherweise würdigt die FDP nicht den Schuldenabbau, sondern redet ihn klein und sieht einen Modernisierungsbedarf von zehn Milliarden Euro, wie der finanz- und haushaltspolitische Sprecher Christian Grascha erklärte. Ähnlich äußerten sich die Grünen: Deren Haushaltsexperte Gerald Heere hätte es lieber, wenn die Schuldenuhr die „Klimaschulden“ abbilden würde.

 

Eine ablehnende Haltung nimmt auch der DGB ein, dessen Landesvorsitzender Mehrdad Payandeh das Aufnehmen neuer Schulden für nicht so problematisch hält. Finanzielle Wohltaten sind auch dem Gewerkschaftschef lieber als der harte, steinige Weg der Konsolidierung.

 


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