Große Schuhe für Frau Schulze

Auf die neue Bundesentwicklungsministerin wartet eine große Herausforderung

Ein schwarzes Kind und eine weiße Frau halten sich an den Händen. (Symbolbild: iStock/borgogniels)
Ein schwarzes Kind und eine weiße Frau halten sich an den Händen. (Symbolbild: iStock/borgogniels)

 

Von Michael Lehner

 

Sicher ist: Für die Ex-Umweltministerin Svenja Schulze wird ihr neues Amt als Entwicklungsministerin eine echte Herausforderung. Ihr CSU-Vorgänger Gerd Müller hinterlässt sehr große Fußstapfen. Und schon vor der Wahl gab es den Trend, am Geld für die ärmsten Länder zu sparen. Auch für den Klimaschutz.

 

Ihr Vorgänger Gerd Müller ist ein Freund der leisen Töne. Und der guten Argumente. So hat es der Schwabe aus dem Allgäu geschafft, immer mehr Geld für die Entwicklungshilfe locker zu machen. Weil solcher Einsatz effektiver ist als die Bewältigung von Flüchtlingsströmen. Und weil Investitionen, speziell in Afrika, enorme Chancen bieten für Europa. Zum Beispiel mit der Zukunftstechnologie Wasserstoff aus Sonnenenergie. 

 

Hunger eine Schande für die reichen Länder

 

Immer wieder hat der CSU-Mann darauf hingewiesen, dass Hunger keine Basis für gedeihliche Nachbarschaft ist – und eine Schande für die reichen Länder. Es hat ihm Respekt bei den Hilfsorganisationen eingebracht und den Ruf, das „Gute Gewissen“ der Bundesregierung zu sein. Aber auch reichlich Missgunst. Vom falschen Verdacht, er habe seine Doktorarbeit abgeschrieben. Bis zum widerlegten Vorwurf, dass Müllers Ehefrau auf Steuerzahlers Kosten durch die Dritte Welt reiste.

 

Svenja Schulze kann den Ämterwechsel wohl nicht als Beförderung verstehen. Die Ex-Umweltministerin muss umziehen, weil die Grünen viele Wählerinnen und Wähler davon überzeugten, dass Klimapolitik bei ihnen besser aufgehoben sei. Was kurz vor den Wahlen die Verfassungsrichter indirekt bestätigten mit der Vorgabe, bei den Klimazielen nachzubessern. 

 

Vorgänger Müller hat hartnäckig versucht, auf den groben Rechenfehler hinzuweisen, das Weltklima lasse sich in Deutschland oder in Europa retten, wenn wir unsere alten Stinker-Autos nach Afrika entsorgen und den Menschen dort nicht helfen, selber nachhaltig für ihr täglich Brot zu sorgen. Wo diese doch stärker unter der Erderwärmung leiden als die Verursacher in den Industrie-Nationen.

 

„Eine Welt“ ist keine Glaubensfrage

 

Dass die jüngste Corona-Variante in Afrika entstand, belegt zum Abschied des Entwicklungsministers dessen dringliche Forderung, im eigenen Interesse dafür zu sorgen, dass auch in den ärmsten Ländern dieser Erde genügend Impfstoff zur Verfügung steht. Das in den Kirchen entstandene Schlagwort „Eine Welt“ ist keine Glaubensfrage, sondern Realität eines globalen Wirtschaftens.

 

Wer wirtschaftliche Zusammenarbeit auf möglichst gute Geschäfte mit dem chinesischen Regime reduziert, wird dieser einen Welt nicht gerecht. Auch nicht den umweltpolitischen Herausforderungen und den Schäden, die der globale Wettbewerb in der Landwirtschaft gerade auch in Deutschland anrichtet. Weil er unsere Bauern zwingt, zu Preisen zu produzieren, bei denen Entwicklungsländer nicht mithalten können.

 

Auf den ruinösen Lebensmittel-Preiskrieg hat Gerd Müller schon als Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium immer wieder hingewiesen. Auch während der großen Debatte um ruinöse Milchpreise mit dem Zusammenhang, dass diese die umwelt- und tiergerechte Weidehaltung ganz besonders bedrohen. Insider verwunderte es nicht, dass der Bayer nicht nachrücken durfte, als in Berlin der Posten des Agrarministers frei wurde.

 

Müller hat als Entwicklungsminister Maßstäbe gesetzt.

 

Dafür setzte Müller als Entwicklungsminister Maßstäbe, anerkannt weit über die Unionsparteien hinaus. Bleibt abzuwarten, ob die neue Ministerin solchen Weitblick fortführt. Im bisherigen Amt hat sie beim akuten Konflikt zwischen dem Schutz der Wölfe und dem Erhalt besagter Weidewirtschaft eher auf die Raubtiere geachtet als auf die glücklichen Kühe in Gerd Müllers Allgäu-Heimat. Der tritt im Januar sein neues Amt als Chef der UNO-Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO) an – mit breiter Unterstützung aus den EU-Ländern.

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