Alles unter einem Dach

Dass sich verschiedene Ministerien parallel um ländliche Räume kümmern führt zu Unübersichtlichkeiten und wirkt oft wie eine angezogene Handbremse

Mutter mit ihren Töchtern im Kuhstall (Symbolbild: iStock/kzenon)
Mutter mit ihren Töchtern im Kuhstall (Symbolbild: iStock/kzenon)

 

Von Wolfgang Kleideiter

 

Hier ein Budget, dort ein Fördertopf, heute ein Programm, morgen ein Fonds. Nicht nur für Außenstehende ist es schwer, die Instrumente, mit denen die Entwicklung des ländlichen Raums vorangetrieben wird, sinnvoll zu ordnen.

 

Der Werkzeugkasten ist voll. Begriffe wie ELER-Verordnung innerhalb der gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) mit 13 unterschiedlichen Länderprogrammen oder GAK – die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ mit verschiedenen Sonderrahmenplänen – machen die Runde. Und dann gibt´s auch noch BULE – das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung.

 

Mal ist das Landwirtschaftsministerium im Boot, mal das Innenministerium, das sich aktuell ja auch um die Themen Bau und Heimat kümmert. Und damit es voran geht, muss auf Bundesebene immer wieder eine interministerielle Arbeitsgruppe ran. „Wenig zielführend“, so eine Bewertung von André Algermißen, der für die Konrad-Adenauer-Stiftung das Thema analysiert hat. Im November ist sein Papier „Landwirtschaft und ländlicher Raum“ erschienen.

 

Welche Bedeutung haben die Menschen auf den Höfen?

 

Im Wesentlichen ist der Referent für Klima-, Landwirtschafts- und Umweltthemen der Frage nachgegangen, welche Bedeutung die Landwirtschaft und die Menschen auf den Höfen noch heute für den ländlichen Raum haben. Er räumt dabei mit dem Eindruck auf, dass der Rückgang der Betriebszahl mit einem Bedeutungsverlust der Landwirtschaft einhergeht. Neben den über 937.000 Menschen, die haupt- und nebenberuflich in der Landwirtschaft arbeiten, gibt es viele Arbeitsplätze – vom Landtechniker bis zum Molkereimeister-, die von den Höfen profitierten.

 

Parallel sorgen die bäuerlichen Familien für eine soziale Stabilität in den ländlichen Räumen. Im Klartext: Die Landwirtinnen und Landwirte identifizieren sich mit ihrer Heimat, übernehmen an vielen Punkten gesellschaftliche Verantwortung, organisieren Hilfe zur Selbsthilfe. Ähnliches findet man laut Algermißen nur noch in alteingesessenen Handwerksbetrieben oder Unternehmen. Landschaftspflege, Naturschutz und Versorgung der Menschen mit regionalen Produkten sind weitere Felder, mit denen die Landwirtschaft im ländlichen Raum punktet.

 

Abhängigkeiten von der Landwirtschaft

 

Auch deshalb sieht die CDU-nahe Stiftung, die als Think Tank und Beratungsagentur einen Namen hat, die Stelle einer oder eines Beauftragten für die ländlichen Räume am ehesten im Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft angesiedelt. Zum einen kennt man sich dort mit den ländlichen Strukturen aus, zum anderen sind viele der genannten Fördertöpfe aktuell mit Agrarthemen verknüpft. Kurzum: Bei der Entwicklung der ländlichen Räume kommt man an der Landwirtschaft nicht vorbei.

 

Dass sich verschiedene Ministerien parallel um ländliche Räume kümmern, ist aus Sicht des Analysten nicht optimal. Die Umsetzung der Förderprogramme werde dadurch erschwert, es gebe zusätzlichen Abstimmungsbedarf und bürokratische Hürden. Deshalb sollten aus seiner Sicht Zuständigkeiten aus dem Innenministerium auf das Landwirtschaftsministerium übertragen werden. In der Abteilung „Heimat“ im Seehofer-Ressort kümmert man sich augenblicklich noch um zentrale Themen wie „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, um ländliche Infrastruktur und öffentliches Baurecht, Raumordnung und Daseinsvorsorge. Ein Beauftragter für die ländlichen Räume könnte führen, koordinieren und vernetzen. Algermißen macht hier ganz konkrete Vorschläge.

 

Wünschenswert wäre eine solche Funktion. Denn die aktuelle Unübersichtlichkeit wirkt oft wie eine angezogene Bremse. Allein dafür, dass beim Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) die Mittel im wahren Leben ankommen, gibt es extra in Bonn eine „Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume“.

 


Lesen Sie auch:

Sinnvolle ifo-Studie zu Unternehmen auf dem LandDas ifo-Institut will anhand der Entwicklung von Betrieben herausfinden, warum bestimmte Regionen erfolgreich sind und andere nicht. Das Geld ist gut angelegt.

natur+mensch – der Blog ist eine Initiative der Stiftung natur+mensch

Copyright © 2023 Stiftung natur+mensch - Havixbeck - Alle Rechte vorbehalten.