Ein Bubenstück zum Ampel-Start

Frau mit Mund-Nase-Maske umgeben von Coronaviren (Symbolbild: Tumisu)
Frau mit Mund-Nase-Maske umgeben von Coronaviren (Symbolbild: Tumisu)

 

Von Michael Lehner

 

Wer dachte, dass der ausgediente Gesundheitsminister Jens Spahn an Leichtfüßigkeit nicht zu überbieten sei, wird eines Besseren belehrt. Was führende Vertreter der Ampelkoalition in Gründung noch vor Amtsantritt vorführen, ist nicht Beispiel eines neuen Politikstils. Sondern typisch für fatale Angst vor einer Wähler-Minderheit, die politische Heimat für ihre krude Sicht auf die Seuche sucht.

 

Logisch, es war Spahn, der eben erst mit Impfstoffrationierung für gefährliche Verwirrung sorgte. Ihm gebührt das Urheberrecht für die haltlose Verheißung, dass Corona noch in diesem Herbst seinen Schrecken verliere. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der forsche CDU-Mann bereits zurückruderte, als Politiker von Grünen und FDP die Masche mit den Heilsversprechen für sich entdeckten. Gegen ärztlichen Rat und gegen die Realität dramatisch steigender Fallzahlen.

 

Verzweiflung im Robert Koch-Institut

 

Die erkennbare Verzweiflung, mit der selbst der sonst eher zurückhaltende Chef des Robert Koch-Instituts laut Einspruch erhebt, trifft also nicht nur die scheidende Bundesregierung, sondern ebenso die Aspiranten für deren Nachfolge. Da ist die Frage nachrangig, ob die treibende Kraft von den Freidemokraten ausgeht. Wer sie wählte, wusste zumindest schon vor der Wahl, dass diese im Konflikt zwischen individueller Freiheit und Gemeinwohl eher zur altliberalen Libertinage neigen.

 

Wirklich überraschend ist es jedoch, wenn Spitzen-Grüne wie die sonst so besonnene Katrin Göring-Eckart in die Falle prinzipienloser Machtpoltik tappen. Statt sich an den Satz des FDP-Chefs Christian Lindner zu erinnern, dass es im Zweifel besser sei, nicht zu regieren. Statt falsch zu regieren. Der Tausch von Volksgesundheit gegen freie Hand bei der Klimarettung wäre jedenfalls kein guter Grund, gegen eine große Bevölkerungsmehrheit zu handeln, die eine konsequentere Seuchenpolitik erwartet.

 

Spannend, dass es die gebeutelte Union brauchte, um das Schlimmste zu verhindern. Erst der klare Widerstand von CDU und CSU – und dort zuvorderst von den Ministerpräsidenten – zog dem Ampel-Gesetz die schlimmsten Giftzähne. Schon der Streit dazu war eine Sternstunde der parlamentarischen Demokratie und eine Blaupause für wirksame Oppositionsarbeit. Auch weil die Noch-Kanzlerin endlich ihr beredtes Schweigen brach.

 

Scholz: statt Führung in der Zuschauer-Rolle

 

Kanzler-Aspirant Olaf Scholz, der den Deutschen im Wahlkampf Führung versprochen hatte, verharrte im Corona-Streit (allzu) lange in der Zuschauer-Rolle. Wohl wissend, dass sein Bündnis drauf und dran war, eine Katastrophe zu befördern. Und sich krachend zu blamieren. Das Ende der Epidemischen Notlage zu verkünden während die Infektionszahlen tägliche neue Rekordhöhen erreichen, ist ein Bubenstück. Und befördert womöglich das Nachdenken, ob derart faule Kompromisse am Ende als Fundament für eine stabile Regierung taugen.

 

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier brachte den Widersinn mit der Anmerkung auf den Punkt, dass die Ampel-Strategie „zur aktuellen Lage in Deutschland passt wie die Faust aufs Auge“. Dem ist nichts hinzuzufügen.

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