Wähler im ländlichen Raum – eine interessante Analyse

Ein Stimmzettel (Symbolbild: Shutter_Speed)
Ein Stimmzettel (Symbolbild: Shutter_Speed)

 

Von Christian Urlage

 

Je ländlicher eine Gemeinde, desto weniger Stimmen erhalten die Grünen: Das belegen Wissenschaftler des Braunschweiger Thünen-Instituts in einer aktuellen Analyse. Für ihre Studie über Ländlichkeit und Wahlverhalten haben sie die Zweitstimmen-Ergebnisse bei der Bundestagswahl vom 26. September ausgewertet. Der Soziologe Andreas Klärner und der Volkswirt Torsten Osigus stellen fest: Die Wähler machen ihr Kreuz in ländlichen Räumen eher bei CDU/CSU, AfD und den sonstigen Parteien als in städtischen Gebieten. Bei der SPD und der FDP fällt dagegen die Region als Faktor kaum ins Gewicht.

 

Diese Resultate mögen so manchen Beobachter wenig überraschen. Die Analyse bestätigt jedoch das, was bisher schon vermutet wurde, mit statistischen Werten. Die Wissenschaftler haben einen ausgeklügelten Index für den Grad der Ländlichkeit entwickelt – und sie stecken Deutschland in drei Schubladen: „sehr ländlich“, „eher ländlich“ und „nicht ländlich“. Als Kriterien gelten etwa die Siedlungsdichte, der Anteil der Fläche für die Land- und Forstwirtschaft sowie der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser und wie gut oder schlecht große Zentren zu erreichen sind.

 

Grüne und Union schneiden im Westen besser ab als im Osten

 

Die Autoren differenzieren zudem zwischen den Wählern im Westen und Osten Deutschlands. Bei den Sozialdemokraten und Liberalen stellen sie kaum Unterschiede fest. Grüne und Union schneiden dagegen im Westen besser ab als im Osten. Und die Linke erzielt in sehr ländlichen Gebieten des Westens mit 2,8 Prozent ihr schlechtestes und in nicht ländlichen Gebieten des Ostens mit 11,8 Prozent ihr bestes Ergebnis.

 

Eine These zu den Erfolgen der AfD im Osten stimmt nur teilweise

 

So weit ist das Ergebnis wenig überraschend. Bemerkenswert ist aber eine andere Feststellung: Die These, die AfD sei im Osten erfolgreich, weil sich ganze Regionen abgehängt fühlen, trifft laut Thünen-Institut nur bedingt zu. Zwar gilt: je ländlicher, desto mehr Zweitstimmenanteile. Doch die Wissenschaftler fügen hinzu: „Auffallend ist aber, dass es in Ostdeutschland keinen eindeutigen, linearen Zusammenhang von Ländlichkeit und AfD-Wahlergebnissen gibt. Die Werte steigen dort tendenziell zunächst mit zunehmender Ländlichkeit stark an, fallen dann ab einem gewissen Punkt aber wieder.“

 

Anders formuliert. In den eher ländlichen Gebieten des Ostens sind die Rechtspopulisten erfolgreicher als in den sehr ländlichen Gebieten. Die These für Ostdeutschland, je ländlicher die Region, desto erfolgreicher sei die AfD, trifft somit nicht zu. Eine These, die Experten des Thünen-Instituts schon nach der Bundestagswahl von 2017 angezweifelt haben.

 

Die Region ist lediglich ein Faktor

 

Klar ist ihnen auch, dass die Region nur ein Faktor im Wahlverhalten neben vielen anderen ist. Und dass eine weitere Analyse und Interpretation nötig und möglich ist, wenn der Bundeswahlleiter in einigen Wochen alle Daten zur Bundestagswahl aus den Gemeinden zur Verfügung stellt.

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