Die Bauern sind wieder einmal in der Defensive

 

Von Wolfgang Molitor

 

Man kann nicht behaupten, die große Koalition habe es mit der Landwirtschaft in den letzten Jahren wirklich gut gemeint. Die Zahlen sprechen für sich: Ein Drittel der Betriebe haben in den vergangenen Jahren aufgegeben. Jeder zweite Milchviehhalter hat seit 2005 das Handtuch geworfen, bei der Schweinehaltung ist es jeder Dritte. Da mag zwar der finanzielle Rahmen im Agrarhaushalt gestiegen sein. Doch die Probleme in den Betrieben sind im selben Tempo, wenn nicht schneller mitgewachsen.

 

Wer will bestreiten, dass die Landwirtschaft politisch in der Defensive steckt. Mehr denn je. Was nicht nur an den schwierigen Umständen am Markt und einem schwierigen Wechsel der Hof-Generationen liegt. Auch die stetig verschärften Vorgaben und rigorosen Auflagen von Ländern, Bund und der EU, die – oft durchaus sinnvoll – viele Betriebe in einem ohnehin oft ruinösen Wettbewerb vor große Herausforderungen stellt.

Eine Ampel-Koalition wird daran nichts zum Besseren wenden. In der kommenden Woche muss das Spitzenpersonal von SPD, Grünen und FDP versuchen, tiefgehende Meinungsverschiedenheiten glattzubügeln. Das gilt etwa für Verkehr und Klima, Neuverschuldung oder Steuerbelastung. Das alles ist dann in eine Sprache zu kleiden, die hehrem Anspruch und rauer Wirklichkeit in dieser Legislaturperiode größeren Interpretationsspielraum lassen soll. Dann werden die Landwirtschaft und der ländliche Raum kein Stolperstein auf dem Weg zur Ampel sein.

 

Der Landwirtschaft fehlt es an politischer Unterstützung

 

Auch wenn der von den Grünen seit langem propagierte Kampfbegriff der „Agrarwende“ wohl in dem Koalitionsvertrag fehlen wird: Der Landwirtschaft fehlt es an politischer Unterstützung. Auch an echtem Interesse. Schon eine CDU-Ministerin hatte es in ihrem Ressort schwer, sich gegen ihre sozialdemokratischen Kolleginnen aus dem Umweltressort zu behaupten, für die Landwirtschaft stets mehr ein ökologisches Problem als eine Chance für die Umwelt war.

 

Düngerecht, Stallbau, Brandschutz, eine einheitliche Tierwohl- und Herkunftszeichnung für alle tierischen Produkte, eine feste Bestandsgröße für Tierhaltung (wie im rot-roten Koalitionsvertrag in Mecklenburg-Vorpommern niedergelegt): Auf die mittelständischen Betriebe wird weiter verstärkt politischer Druck ausgeübt. Ob sich die FDP, die an anderen Fronten (etwa bei der Erhaltung des Dienstwagenprivilegs) wohl eher zu kämpfen bereit ist, mit ihren wirtschaftlichen Mahnungen, die Betriebe nicht zu überfordern, oder mit dem Posten des neuen Landwirtschaftsministers durchsetzen kann, ist mehr als fraglich.

 

Ein grünes Umweltministerium (gesetzt) Seit an Seit mit einem roten Landwirtschaftsministerium (noch offen), das wäre wohl für das wirtschaftliche Fundament vieler kleinerer Betriebe trotz der Zusage langfristig gesicherter Einkommen eine politische Provokation. 

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