Interne Herausforderung in Kiel

 

Von Jürgen Muhl

 

Paukenschlag in der schleswig-holsteinischen Landespolitik: der grüne Umweltminister Jan Philipp Albrecht (38) verabschiedet sich aus dem Kieler Landeshaus und gleichzeitig von der Spitze seiner Landespartei. Albrecht, der eigentlich als Spitzenkandidat der Grünen bei der Landtagswahl im Mai des nächsten Jahres gegen den amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Daniel Günther antreten sollte, wechselt als Vorstand zur Heinrich-Böll-Stiftung nach Berlin. Die Entscheidung Albrechts kam überraschend und war nicht von langer Hand geplant. Nach dem Abgang von Robert Habeck bleibt damit auch sein Nachfolger im Amt des Kieler Umweltministers nicht an der Förde. Das ist auch ein Verlust an grüner Kontinuität in der Kieler Jamaika-Koalition.

 

Der Landesvorstand der Grünen will es kommenden Mittwoch verkünden – doch schon jetzt ist klar, dass Monika Heinold die Ökopartei als Spitzenkandidatin in die Landtagswahl am 8. Mai führen wird. Gemeinsam mit Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré (28) will die 62-Jährige eine Doppelspitze bilden. „Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Heinold, die aus dem Finanzministerium und damit aus der bestehenden Koalition heraus Ministerpräsident Daniel Günther herausfordern will.

 

Interne Herausforderung

 

Damit steht die derzeitige und erfolgreich agierende Kieler Jamaika-Koalition vor einer internen Herausforderung. Die Chemie zwischen Albrecht und Ministerpräsident Günther stimmte bis zuletzt. Schon Albrechts Vorgänger Robert Habeck war und ist freundschaftlich mit dem CDU-Politiker verbunden. Albrecht pflegte auch einen engen Draht zur Landwirtschaft im bäuerlich geprägten Schleswig-Holstein und genoss beim Landesbauernverband ein respektables Ansehen - trotz zahlreicher Meinungsverschiedenheiten in Detailfragen, wozu auch die Pflege der Knicks als landestypische Hecken zwischen den Feldern im Lande gehörte. Ebenso verstehen sich Daniel Günther und seine neue Herausforderin, Finanzministerin Monika Heinold, ausgesprochen gut.

 

Daniel Günther freut sich auf einen „spannenden Wettstreit“ mit der designierten Doppelspitze der Grünen, die gegen ihn antreten will. Allerdings sagt er auch: „Monika Heinold macht als Finanzministerin einen herausragenden Job. Ich freue mich, dass sie weitermachen will.“ Denn schließlich wolle er Ministerpräsident bleiben, so Günther.

 

Für die CDU im Lande eine Erleichterung?

 

Mehrere führende CDU-Landespolitiker sehen in Albrechts Verzicht auf die Kandidatur eine "Erleichterung", wie zu hören ist. Ein Gegenkandidat Albrecht sei "gefährlicher" als Monika Heinold, wird im Umfeld der Staatskanzlei kolportiert. CDU-Fraktionschef Tobias Koch gibt sich optimistisch: Dass Frau Heinold jetzt Ministerpräsidentin werden wolle, sei "einen Tick zu hoch gegriffen". Die SPD schickt statt ihrer neuen Vorsitzenden Serpil Midyatli den früheren grünen Politiker Thomas Losse-Müller, der zu den Sozialdemokraten gewechselt ist, ins Rennen. SPD-Landes- und Fraktionschef Ralf Stegner ist nach Berlin gewechselt und damit dem amtierenden Ministerpräsidenten Daniel Günther als CDU-Spitzenkandidaten zur nächsten Landtagswahl aus dem Weg gegangen. Damit ergeben sich für die Landespolitik neben dem Stabilitätsfaktor Daniel Günther eine Menge politische Unwägbarkeiten.

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