Trimagische Momente

 

Von Wolfgang Molitor

 

Na, haben sie dem gespannt-verunsicherten Wahlvolk am Ende was gebracht?  Etwa politische Weisheit? Ganz neue persönliche Einschätzungen? Oder gar inhaltliche Erkenntnisse?  Drei Mal haben sich Olaf Scholz, Armin Laschet und Annalena Baerbock einem breiten Fernsehpublikum präsentieren können. Jetzt hat der Moderatoren-Zirkus von RTL, ARD/ZDF und Sat1/Pro Sieben/Kabel sein Wahlkampfzelt abgebrochen. Drei Mal die Spitzenkandidaten von SPD, Union und Grünen zur besten Sendezeit: trimagische Momente sehen anders aus.

 

Daran änderte sich auch beim letzten der sogenannten Trielle nichts. Wer sich nicht streiten, wer nichts wagen will, bleibt sich treu: ein wenig Angriffslust dosieren, reichlich Gelassenheit verströmen, sich an bogenschlagenden Ausweichfloskeln abarbeiten und ansonsten hoffen, dass bei einigen Unentschlossenen oder Wahlmüden doch noch der Groschen fällt – wenn es überraschend gut läuft, vielleicht sogar zum eigenen Frommen.

 

Freude im jeweiligen Lager

 

Dass am Ende in den jeweiligen Lagern eitel Freude über den eigenen Kandidaten und die Kandidatin verbreitet wird, dass alle gemeinsam ihrer Unzufriedenheit über die Moderatoren Raum geben, dass Medienbeobachter behaupten, das Ganze selber viel besser gemacht zu haben, dass Umfragen Eindrücke in Prozenttürme verpacken und Sieger ausrufen: Alles das hat es bei den zurückliegenden Duellen auch gegeben. In der Regel lustlos und gekünstelt.

 

Jetzt aber musste man ein Kunstwort drechseln, weil aus dem Duell ein Dreikampf zu werden schien. Von senderbewegten Vorlieben befeuert, von schwankenden Umfragehöhen angetrieben, von der Lust an etwas Neuem beflügelt.  Dazu eine junge Frau auf Augenhöhe mit zwei gesetzten Herren: Das versprach was Flottes.

 

Was am Ende zeigt: Irren ist menschlich. Privat wie öffentlich-rechtlich. Nicht, weil drei Bewerber nicht automatisch mehr zu sagen haben als zwei. Nicht, weil dieser Dreikampf von Beginn gar nicht zu einem trimagischen Turnier werden konnte, weil die nötige Konfrontation unterblieb, unterbleiben musste, um nach der Wahl phantasielos untereinander Gemeinsamkeiten auszuloten und eventuell miteinander zu regieren.

 

Man kennt sich…

 

Die Schlachtformation ist nicht der Keil, sondern die Raute. Man kennt sich, man mag sich. Meistens jedenfalls. Daran scheitern auch Moderatoren mit bester Absicht und braver Kompetenz. Wer augenblitzenden Zoff und zähnebleckende Attacken erwartet hatte und auf historische amerikanische Duelle verweist, sollte nicht vergessen: Amerika produziert den knallharten Western in den Rocky Mountains.  Deutschland filmt Karl Mays Ölprinzen im kroatischen Mittelgebirge.

 

Offensichtlich ist die politische Stimmung in Deutschland so schwankend und wankelmütig, dass sich das letzte Triell eigentlich schon wieder überholt hatte. Längst liegen Annalena Baerbocks Grüne in den Umfragen wieder näher an Christian Lindners FDP als in der unmittelbaren Nähe des Kanzleramtes.  Eine Woche vor dem Wahlsonntag gibt es nur noch zwei aussichtsreiche Kandidaten. Sie im direkten Disput auf mögliche Koalitionspläne und abgrenzende Zukunftskonzepte zu prüfen, Lager gegen Lager und mit offenem Visier: Das wäre das Gebot der letzten Stunden gewesen. So aber war das letzte Triell wie das erste: ein Herantasten mit vielen Notausgängen. Trimagische Momente gibt es eben nur mit Harry Potter.

 

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