Drei jubelnde Parteien in Niedersachsen

 

Von Christian Urlage

 

Während am Sonntagabend Annalena Baerbock, Armin Laschet und Olaf Scholz in ARD und ZDF zum Dreikampf antraten, verfolgten viele Niedersachsen im Internet zeitgleich die Wahl ihrer Kommunalparlamente, Landräte und Oberbürgermeister. Mit Spannung wurden die Ergebnisse erwartet, zumal Überraschungen nicht ausgeschlossen waren und es sich – mit allen Einschränkungen – um einen kleinen Testlauf für Berlin handelte.

 

Nach den Kommunalwahlen konnten am Montag vor allem Christdemokraten, Grüne und Liberale jubeln, wenngleich aus unterschiedlichen Gründen. Die Linke kam auf magere 2,8 Prozent, die AfD stürzte um 3,3 Prozentpunkte auf 4,6 Prozent ab; die Populisten wurden von den Wählern „rechts liegengelassen“, wie CDU-Landeschef Bernd Althusmann griffig formulierte.

 

Seine Partei, seit immerhin vier Jahrzehnten stärkste Kraft in Niedersachsen, musste zwar landesweit Verluste von 2,6 Prozentpunkten hinnehmen. Doch die CDU behauptete sich mit 31,7 Prozent knapp vor der SPD (30,0 Prozent) und ist damit zufrieden. Sie verbuchte das überraschend gute Ergebnis als Rückenwind für Armin Laschet und die Bundestagswahl. Gemessen an den jüngsten Umfragen im Bundestrend hätte es die Union tatsächlich kälter erwischen können.

Der Stimmungstest zeigt zumindest ein wenig, dass Erhebungen der Meinungsforschungsinstitute angesichts vieler Wechselwähler nur begrenzte Aussagekraft haben und bei der Bundestagswahl noch vieles offen ist.

 

Leichte Verluste für SPD

 

Die niedersächsischen Sozialdemokraten wollten die Christdemokraten an der Spitze ablösen, verfehlten aber bei leichten Verlusten dieses Wahlziel. Das musste auch Ministerpräsident Stephan Weil einräumen, weshalb er im NDR-Fernsehen in einer ersten Analyse von einem bunten Bild mit „positiven und nicht ganz so positiven Signalen“ sprach.

 

Die FDP erhielt zwar nur 6,5 Prozent (+1,7 Prozentpunkte), war aber darüber hocherfreut, handelt es sich doch um ihr zweitbestes Kommunalwahl-Ergebnis in der niedersächsischen Landesgeschichte. Noch mehr konnten die Grünen jubeln über einen Gewinn von fünf Prozentpunkten, den sie in erster Linie in den Städten verbuchen konnten. Landesweit kletterten sie auf 15,9 Prozent und sind so die mit Abstand dritte Kraft. Mancherorts waren die Erwartungen an einen Zugewinn noch höher, beispielsweise bei der ersten niedersächsischen Grünen-Landrätin Anna Kebschull aus dem Landkreis Osnabrück.

 

Zwar besteht die politische Landkarte in Niedersachsen wieder überwiegend aus schwarzen und roten Flächen, doch zwei grüne Inseln fallen auf: In Oldenburg und Osnabrück stellen die Grünen die stärkste Fraktion im Stadtrat. In Oldenburg steht die CDU hinter den Grünen und der SPD mit 17,8 Prozent der Stimmen abgeschlagen an dritter Stelle – und herbe Verluste musste die Partei auch in Osnabrück hinnehmen, so dass Rotgrün in der Friedensstadt nun eine Mehrheit im Rat hat.

 

Etliche Stichwahlen notwendig

 

Offen ist noch, wer dort und in anderen Städten das Amt des Oberbürgermeisters übernimmt. Denn für zahlreiche Bewerber war es schwierig, gleich im ersten Angang eine absolute Mehrheit zu erreichen. Daher sind am 26. September etliche Stichwahlen angesetzt, zeitgleich mit der Bundestagswahl, was der Wahlbeteiligung zugutekommt.

 

Dringend verbessert werden sollte in Niedersachsen bei der Abstimmung Ende September die Organisation rund um die Wahlurnen. Vor etlichen Wahllokalen bildeten sich lange Schlangen, da es wegen der Corona-Pandemie Beschränkungen gab und die Stimmabgabe mit einem schleppenden Ablauf verbunden war. Dass so mancher Wahlberechtigte nach längerer Wartezeit entnervt nach Hause ging, ohne ein Kreuz zu machen, war unnötig und ist kein gutes Zeichen.

 

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