Welchen Weg wird Schwesig gehen?

 

Von Wolfgang Kleideiter

 

Die Stimmungslage im Land gleicht einer Achterbahnfahrt. Auch SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, die 2017 eine vom damals erkrankten Erwin Sellering geschmiedete rot-schwarze Regierungsmannschaft übernahm, spürt die Unberechenbarkeit.

 

Im kleinen Mecklenburg-Vorpommern erfreut sich „Manu“, wie inzwischen ein auf die 47-Jährige zugeschnittenes SPD-Wahlmagazin heißt, zwar durchweg großer Beliebtheit. Doch der Umfrage-Seismograf registriert auch Ausschläge nach oben und unten.

 

Noch im November 2020 ermittelte Infratest dimap im Auftrag von NDR, Schweriner Volkszeitung und Ostseezeitung für Schwesig ein Topergebnis auf der Beliebtheitsskala: 75 Prozent. Bis Mai 2021 sackte der Wert allerdings deutlich auf 57 Prozent ab. Die jüngste Befragung im August ergab 67 Prozent. Offen ist aber, ob die SPD-Ministerpräsidentin im Nordosten vom überraschenden Scholz-Momentum profitiert und deshalb besser bewertet wird als noch im Mai.

 

Den Sozialdemokraten in Mecklenburg-Vorpommern hilft die demoskopische Auferstehung der eigenen Partei und der Aufstieg des Kandidaten Scholz in jedem Fall. Die SPD bekommt in der jüngsten Infratest-Untersuchung für Mecklenburg-Vorpommern bei der Sonntagsfrage 36 Prozent – ein Wert, der an die guten Zeiten der Partei im Bundesland anknüpft. Seit 23 Jahren regiert die SPD in Mecklenburg-Vorpommern. Bei der Landtagswahl 2002 holte sie 40,6 Prozent – im Jahr 2016 waren es noch 30,6 Prozent. Diese reichten aus, um mit der CDU zu koalieren.

 

Nun angeblich 36 Prozent – trügerisch, aber ebenso verheißungsvoll. Denn anders als im Mai, als eine Drei-Parteien-Koalition zwingend erschien, sieht es jetzt so aus, als könne sich Manuela Schwesig nach dem Wahltag den Regierungspartner für eine Mehrheit im Schweriner Plenarsaal aussuchen.

 

Kein Wunder, dass CDU-Herausforderer Michael Sack angesichts der wahrscheinlichen Rückkehr der Grünen in den Schweriner Landtag lautstark vor einem rot-rot-grünen Kabinett warnt. Die Linke will wieder in die Regierung. In den letzten Umfragen liegt sie mit gerade einmal elf Prozent allerdings sogar unter ihrem schlechtesten Wahlergebnis im Jahr 2016. Denkbar ist aber auch ein rot-schwarz-grünes Bündnis. Außen vor ist bei allen Überlegungen stets die AfD, die bei der Landtagswahl 2016 mit 20,8 Prozent die CDU (19 Prozent) von Platz zwei verdrängte.

 

Letzteres zeichnet sich erneut ab. Die CDU in Mecklenburg-Vorpommern befindet sich seit Jahren in einem Abwärtstrend. Spitzenkandidat Michael Sack, Landrat im Kreis Vorpommern-Greifswald, plagt zudem ein missglücktes Software-Projekt in seiner Behörde. Ärger handelte er sich zu allem Überfluss auch mit der verzögerten Meldung von Corona-Zahlen ein. Zwar hat Sack den ländlichen Raum klar im Fokus, fordert für ihn mehr Digitalisierung und wünscht ein landesweites Rufbus-System, doch ihm fehlt der Rückenwind der Union.

 

Im November hätte der 48-jährige Landrat die Chance gehabt, als Nachfolger des zurückgetretenen CDU-Innenministers Lorenz Caffier ins Kabinett zu wechseln und sich dort zu profilieren. Doch er blieb auf seinem Platz an der Seitenlinie, um Manuela Schwesig von dort aus anzugreifen. Ob dies eine gute Entscheidung war? Richtig bekannt ist Michael Sack im Land bis heute nicht. Zurzeit läuft es wieder für die Ministerpräsidentin, die mit Nachdruck auch Projekte wie die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 verteidigt. Die Bürger im Land sind allerdings wegen anderer Themen besorgt.

 

Die schmucken Ostseebäder können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Land drei große Probleme hat: eine nach wie vor über dem Bundesschnitt liegende Arbeitslosigkeit, Alterung und Abwanderung. Die Landkreise Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern-Greifswald werden den Prognosen nach bis 2040 um über zehn Prozent schrumpfen. Nur die Städte wachsen. Der Nordosten braucht in der Fläche mehr Unternehmen und Selbständige sowie eine bessere Infrastruktur. Die Erwartungen an die künftige Regierung sind hoch. Die regierende SPD setzt auf ihre Ministerpräsidentin. Top-Thema im Internetportal der Partei: „Das Manu Magazin ist da“.

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