Für viele Pendler wird es bald noch teurer

 

Von Christian Urlage

 

Für den Klimaschutz muss deutlich mehr passieren als bisher – darin sind sich bis auf die AfD alle im Bundestag vertretenen Parteien aus gutem Grund einig. Für Millionen von Pendlern haben die Forderungen jedoch gravierende Folgen: Ihre Fahrt mit dem Auto zur Arbeit wird künftig deutlich teurer, denn schrittweise soll der Benzinpreis nach oben klettern. Mehr oder weniger offen kündigen das die Politiker an.

 

„Den Kampf gegen den Klimawandel gibt es nicht umsonst“, erklärt zum Beispiel Ralph Brinkhaus, Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag. „Die Menschen sollen natürlich ihr Auto weiter nutzen, müssen sich aber darauf einstellen, künftig auf verbrauchsarme Wagen oder Elektroautos umzusteigen.“ Mit Prämien- und Anreizprogrammen wollen CDU und CSU den Wechsel abfedern, wohl auch, weil sie niemandem zu viel zumuten wollen.

 

Scholz und Brinkhaus wollen keine Wähler verprellen

 

Nicht nur Brinkhaus betont daher, dass es wichtig ist, realistische und faire Übergangszeiträume zu schaffen. Auch Olaf Scholz kennt die Sorgen der Arbeitnehmer und Familien. Daher warnte der Kanzlerkandidat der SPD in einem Interview mit dem ADAC vor einem zu rapiden Anstieg: „Wer jetzt den CO2-Preis schnell ganz kräftig erhöhen will, der sorgt nur für Ärger, weil die meisten sich so schnell gar nicht umstellen können und dann auf den höheren Kosten sitzen bleiben werden.“ Da schwingt die berechtigte Befürchtung mit, man könne Wählerinnen und Wähler durch zu radikale Veränderungen verprellen – wie einst die Grünen mit ihrer Forderung, den Benzinpreis auf fünf Mark zu erhöhen.

 

Das war 1998 und kam überhaupt nicht gut an. Nun wollen die Grünen ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos für den Verkehr neu zulassen. Um Pendlern mit niedrigen Einkommen beim Kauf so eines Fahrzeugs zu helfen, soll ein „Fonds für Transformationszuschüsse“ eingerichtet werden, formuliert die Partei wolkig in ihrem Wahlprogramm. Die Höhe der Unterstützung lassen sie allerdings offen, und damit ist gerade Landbewohnern nicht geholfen.

 

Mit Drohnen und Flugtaxis

 

Wie wichtig für die Deutschen das Auto ist, zeigt ein Blick in die Statistik: Immerhin zwei Drittel der Berufstätigen nutzen es für den Arbeitsweg. Nicht weniger als 13 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und damit 39 Prozent pendeln zur Arbeit in einen anderen Landkreis innerhalb Deutschlands. Was sie brauchen, sind verlässliche, störungsfreie Verkehrsverbindungen; die tägliche Fahrt muss unkompliziert und bezahlbar sein.

 

Doch es ist fraglich, ob das wirklich jeder Politiker im Blick hat. So preist die FDP „Sprunginnovationen“ wie das Hochgeschwindigkeitssystem Hyperloop und außerdem Drohnen und Flugtaxis an und will sie gezielt fördern. „Insbesondere für den ländlichen Raum entstehen so Chancen für eine schnellere und kostengünstigere Versorgung“, behaupten die Liberalen allen Ernstes, doch der Leser reibt sich angesichts dieser Höhenflüge verwundert die Augen.

 

Für Familien kaum wegzudenken

 

„Deutschland hat keinen Mangel an Straßen, erst recht keinen an Autobahnen“, schreiben die Grünen im Wahlproramm – als ob es nirgendwo im Land Staus gäbe. Sie wollen daher den Bundesverkehrswegeplan in den Papierkorb werfen und durch einen Bundesnetzplan ersetzen. Es überrascht nicht, dass dabei für die Öko-Partei der Umstieg auf Bahn und Bus an erster Stelle steht.

Die Grünen möchten auch auf dem Land erreichen, dass Mobilität ohne Auto möglich ist. Dieses hochgesteckte Ziel kündigen sie jedenfalls in ihrem Wahlprogramm an, räumen aber immerhin ein, dass für viele Menschen das Auto im ländlichen Raum unverzichtbar und gerade für viele Familien kaum wegzudenken ist.

 

Mit hohen Subventionen für die viel zitierten Lastenfahrräder lässt sich die Mobilitätsfrage von Dorfbewohnern jedenfalls nicht seriös lösen. Und so sinnvoll ein Umstieg auf Bahn oder Bus generell auch ist – noch längst nicht in jedem Ort sind die Angebote so zahlreich und attraktiv, dass ein Wechsel realistisch erscheint. Spätestens beim nächsten Eisenbahnerstreik werden außerdem nicht wenige Pendler, die genervt sind von Zugausfällen oder -verspätungen, wieder ins bequeme Auto umsteigen. Klimaschutz hin, Klimaschutz her. Es muss sich also grundlegend etwas ändern.

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