Plätze an der Sonne

 

Von Jürgen Wermser

 

Keine Frage, Deutschland braucht mehr Solarstrom, um die selbstgesteckten Klimaziele zu erreichen. Da liegt es nahe, auch weniger ertragreiche landwirtschaftliche Flächen für Photovoltaik-Anlagen bereitzustellen. Niedersachen geht diesen Weg, in dem es jetzt zusätzliche Gebiete hierfür freigibt. Auf den ersten Blick scheint dies ein perfekter Weg zu sein, von dem alle Seiten profitieren: Politik und Verbraucher, indem sie zusätzlichen sauberen Strom erhalten und Landwirte, die von Investoren für die Nutzung der benötigten Flächen mehr Geld erhalten, als Ackerbau und Viehzucht dort bislang eingebracht haben.

 

Doch wie fast immer in der Politik kommt es auf das Kleingedruckte an. Und das sieht für den ländlichen Raum nicht so uneingeschränkt positiv aus, wie es die rot-schwarze Landesregierung gerne sehen möchte. Unter Landwirten macht sich schon Unmut breit - zu Recht. Denn die Folgewirkungen können für einzelne Betriebe fatal sein, wenn Pacht- und Kaufpreise derart nach oben schnellen, dass sich die bisherige „normale“ Nutzung wirtschaftlich nicht mehr rechnet. Für Betriebe, die gerade große Investitionen in Richtung mehr Bio und Tierwohl getätigt haben, kann eine solche Preisspirale die Existenz gefährden. Sie brauchen für die neuen Wirtschaftsweisen häufig mehr Flächen, als sie bislang selbst besitzen. Doch mit den Investoren in Solarparks können sie finanziell nicht mithalten.

 

Mancher Bauer wittert das große Geschäft

 

Im Schnitt zahlen Landwirte in Niedersachsen laut NDR für einen Hektar Land 500 Euro Pacht im Jahr, für einfaches Grünland rund 300 Euro. Doch der Ausbau der Solarenergie rufe viele Investoren auf den Plan, die Angebote von mehr als 1.400 Euro für den Hektar machten. Teilweise sollen es sogar bis zu 5000 Euro sein. Kein Wunder, dass da so mancher Bauer das große Geschäft für sich wittert und Land zu Verfügung stellt.

 

Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden. Jedem Landwirt sei ein schöner Erlös gegönnt. Aber die verantwortlichen Politiker und Behörden haben andere und wichtigere Aufgaben, als einzelnen Immobilienbesitzern unerwartete Gewinne zu ermöglichen. Richtschnur muss vielmehr die Balance von mehr Solarstrom einerseits und ausreichender Planungssicherheit für Höfe andererseits sein, die sich die politisch und gesellschaftlich gewünschte Neuorientierung der Landwirtschaft auf ihre Fahnen geschrieben haben.

 

Wilde Spekulation um Land muss verhindert werden

 

In jeder Region kann diese Balance anders aussehen, je nachdem wie hoch dort der tatsächliche landwirtschaftliche Bedarf ist. Entscheidend ist, dass darüber vor Ort ein politischer Konsens herbeigeführt und damit eine wilde Spekulation um Land verhindert wird. Die bloße Freigabe von sogenannten benachteiligten Flächen, wie jetzt in Niedersachsen geschehen, kann bestenfalls ein erster Schritt - sprich Arbeitsauftrag an Land und Kommunen - sein, den Wandel mit klaren Zielvorgaben zu steuern.

 

Ein Wildwuchs an Solarparks könnte viele Bauern in große Schwierigkeiten bringen. Auch andere Bürger dürften wenig amüsiert sein, wenn die Landschaft an schönen Stellen aus Geschäftsinteressen unter dem Deckmantel Klimaschutz hemmungslos verspiegelt und verschandelt würde. Die Proteste gegen den Ausbau einzelner Windparks sollten den Politikern hier eine Warnung sein.

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