Außer Spesen nichts gewesen?

 

Von Wolfgang Molitor

 

Wenn es in der Politik nicht rund läuft, muss heiße Luft umso größere Sprechblasen füllen. Das wissen auch die grün-schwarzen Koalitionäre in Baden-Württemberg. Und handeln folglich danach. Ihre 100-Tage-Bilanz strotzt vor plattem Eigenlob und jener Art von Politikverständnis, wonach floskelhafte Ankündigungen reichen, um mangelnde Tatkraft zu verschleiern.

 

Dass dieses Bündnis, in das sich die bei der Landtagswahl im Mai erneut arg gerupfte CDU hineingeschleimt hat, vor allem der Vorliebe von Ministerpräsident Winfried Kretschmann geschuldet ist, der sich an der schwarzen Seite wohl und sicher fühlt, ist in Stuttgart nie ein Geheimnis gewesen. Diese Koalition der Beharrlichen war bereit, dafür tief in die Selbstbedienungskiste zu greifen.

 

So bei den bedeutungslosen Staatssekretären, deren Zahl seit Kretschmanns erster (damals noch grün-roten) Amtszeit von vier auf mittlerweile 14 hochgeschnellt ist. Nicht, weil es in der Regierung zu viel Arbeit gibt, sondern weil es in der Koalition sonst an vermeintlich gesichtswahrendem Proporz gefehlt hätte. Immerhin: Die CDU um Landeschef Thomas Strobl scheint damit (und einem neuen Wohnungsbauministerium) zufrieden und ruhiggestellt.

 

Junge Fraktionsführungen

 

Immerhin werden die beiden Regierungsfraktionen von jungen Kräften geführt, die ihre politische Zukunft nicht nur mit dem Blick in die eigene Partei, sondern vor allem auch ins Wahlvolk planen müssen. Für die CDU hat der 32-jährige Manuel Hagel die Fraktionsführung erobert, auf der grünen Seite zählt der 41 Jahre alte Andreas Schwarz bereits zu den alten Landtagshasen. Die Zeiten nach Kretschmann und Strobl haben längst begonnen.

 

Umso enttäuschender, dass den beiden Fraktionschefs nichts anderes einfällt, als sich nach den ersten gemeinsamen 100 Regierungs-Tagen in jene Rhetorik zu flüchten, die gerade die Landespolitik provinziell wirken lässt. Da schwadroniert Hagel etwa, dass man künftig nicht mehr ins Silicon Valley reisen werde, sondern „die Kalifornier zu uns kommen“. Schwarz schwärmt von zehntausenden Photovoltaik-Anlagen, „die die Dächer und die Handwerker zum Strahlen“ bringen.

 

2030 will man das Wasserstoffland Nummer 1 sein. Von einem klimaneutralen Baden-Württemberg im Jahr 2040 ist dann die Rede – in Verbindung von Ökologie und innovativer Wirtschaft. Dazu soll das Klimaschutzgesetz novelliert werden, inklusive einer Solardachpflicht, deren Kosten beim Bürger hängenbleiben. Und die angekündigten 1000 zusätzlichen Windräder? Auch da ist nach den Flauten der letzten Jahre Skepsis angebracht.

 

Gut gebrüllt Kätzchen! Noch aber ist nicht zu erkennen, wie diese Landesregierung in ihrem Öko-Zukunftsrausch die Alltagsprobleme des Landes lösen will. Wie notwendige und überfällige Modernisierungen der Landesverwaltung auf den Weg gebracht werden sollen. Oder welche Unterstützung die Wirtschaft im Strukturwandel (ja, auch die Automobilindustrie mit ihren Zulieferern) zu erwarten hat. Nicht zuletzt: Wie hält sie es mit dem Sparen? Auch hier: mit dickem Puder aufgetragene Kosmetik.

 

Grün-Schwarz findet sich gut. Laut und launig. Ein inhaltliches Erfolgsmodell für eine künftige öko-christliche Bundesregierung aber sieht anders aus.

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