Nur Platz 34 bei den Glasfaseranschlüssen

 

Von Christian Urlage

 

Nur schleppend kommt der Breitbandausbau im ländlichen Raum voran. Über Tonausfall, abstürzende Leitungen und einfrierende Bilder bei Videokonferenzen müssen sich Nutzer allzu oft ärgern. Dabei ist die Versorgung mit Glasfaserkabeln existenziell für mittelständische Firmen und Kommunen, wie der gestiegene

Datenverkehr durch Homeoffice in der Corona-Pandemie belegt.

 

Mit einer weit höheren Rate als Kupfer- oder Koaxialkabel übertragen Glasfaserkabel die Daten. In Neubaugebieten ist deren Verlegung nach dem DigiNetz-Gesetz von 2016 sogar verpflichtend. Und seit April weitet der Bund die Förderung für den Ausbau von Glasfaser auf „graue Flecken“ aus, wo bisher Daten mit weniger als 100 Mbit pro Sekunde weitergeleitet werden. Förderfähig waren zuvor nur „weiße Flecken“, also Regionen mit einer Versorgung von unter 30 Mbit pro Sekunde.

 

Langwierige Genehmigungsverfahren

 

Aber beim Anteil von Glasfaseranschlüssen an allen Breitbandanschlüssen in OECD-Ländern nimmt Deutschland mit rund 4,7 Prozent lediglich Platz 34 im Ranking ein – schlechter sieht es nur in Großbritannien, Österreich, Belgien und Griechenland aus. Das liegt nicht an fehlenden Fördermitteln, sondern an langwierigen Genehmigungsverfahren und geringen Kapazitäten der Tiefbauunternehmen. Und Netzbetreiber scheuen Investitionen auf dem Land, weil sich das teure Verlegen von Leitungen nicht lohnt.

 

Immerhin: Alle Parteien im Bundestag halten eine bessere Versorgung für nötig, wie in ihren Wahlprogrammen zu lesen ist. Die Union will einen Breitbandausbau in Eigenregie der Kommunen in jenen Regionen unterstützen, in denen für Unternehmen die Installation von Glasfaserleitungen unwirtschaftlich erscheint. Die Grünen nennen als Ziel „schnelles, kostengünstiges und zuverlässiges Glasfaserinternet“ in jedem Haus, und sie wollen den Rechtsanspruch auf schnelle Internet-Grundversorgung unbürokratisch und leicht durchsetzen.

 

„Kandidatin Ahnungslos“

 

Dieses Recht auf schnelles Internet verlangte auch Annalena Baerbock, worauf CSU-Mann Andreas Scheuer im Juni mit harter Kritik reagierte: Der Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur nannte sie „Kandidatin Ahnungslos“, denn durch die Novelle des Telekommunikationsgesetzes vom April ist dieser Rechtsanspruch schon beschlossen. Demnach können ab Mitte 2022 alle Bürger für ihre Häuser und Wohnungen bessere Internetverbindungen einfordern.

 

Die SPD will Deutschland zur „Gigabit-Gesellschaft“ verwandeln und die Versorgung aller Haushalte und Unternehmen mit mindestens einem Gigabit pro Sekunde garantieren. Dafür wollen die Sozialdemokraten auch die Netzbetreiber in die Pflicht nehmen. Die FDP möchte einen schnellen Netzzugang durch Gigabit-Gutscheine für Privathaushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen erreichen. „Mit den Gutscheinen wird ein Teil der Kosten erstattet, die bei der Umstellung auf Gigabit entstehen“, erklären die Liberalen.

 

Linke: Alles in die öffentliche Hand

 

Die Linke wirft „profitorientierten“ Mobilfunkbetreibern vor, am flächendeckenden Netzausbau nicht interessiert zu sein. Ihre erwartbare Lösung: Breitband- und Mobilfunknetze müssten in die öffentliche Hand. Die AfD bleibt beklagt, der Ausbau des Glasfasernetzes sei von Insellösungen und „weißen Flecken“ in ländlichen Gebieten und Parallelstrukturen in Ballungsräumen geprägt. „Eine bessere und flächendeckende Koordination ist hier zwingend erforderlich“, lautet die vage Forderung. Die AfD verlangt die Förderung regionaler Strukturen auch beim Glasfaserausbau – eine nichtssagende Formulierung.

 

Fazit: Zumindest auf dem Papier besteht Hoffnung auf eine bessere Versorgung mit Glasfaserkabeln, so dass sich keiner mehr über ruckelige Bilder und abstürzende Leitungen ärgern muss. Doch es ist bemerkenswert, mit was für verschiedenen Methoden die Parteien die Datenautobahnen ausbauen wollen. Und ob sie ihre Versprechen tatsächlich erfüllen, lässt sich erst in einigen Jahren feststellen.

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