Ein guter Glatter

 

Von Wolfgang Molitor

 

Manche werden Armin Laschet an diesem Abend für einen klugen Pragmatiker halten. Für einen Mann des Ausgleichs. Die Arme offen für jedermann. Milde gegenüber Kritik. Gelassen gegen harte Nachfragen und ein spürbares Misstrauen. Manche werden das nach den zwei Stunden anders sehen. Hinter der freundlichen Fassade einen Politiker vermuten, der dem Konflikt aus dem Weg geht, Konsens und Kompromisse liebt und sich darauf versteht, im Ungefähren zu bleiben, das aber energisch. Ein Glatter. Nicht nur im Ruhrgebiet ist das kein Kompliment.

 

Laschet will keinen neuen Streit

 

Das Thema Steuersenkungen, von der CSU-Schwester lautstark intoniert, ist für ihn ein Feld zeitlicher Interpretationsbreite. Schnell sollten sie kommen, hat CSU-Chef Markus Söder gefordert. Laschet will auch hier keinen neuen Streit, sondern macht sich daran, das Wort schnell einzugrenzen. Bis 2023, wie aus München gerufen? Mittelschnell nennt er das, um rasch anzufügen, "so schnell wie möglich" sei doch auch in Ordnung. Mit der verschmitzten Betonung auf möglich. Weil man nach der Corona-Bilanz sehen werde, dass es so bald nichts zu verteilen gebe. Und für Reiche erst recht nicht.

 

So geht es den Abend weiter. Thema Tierschutz. Wenn Bauern Tierhaltung verboten werde - Beispiel Niederlande - würde das Fleisch eben aus dem Ausland importiert. Dem Klima helfe das nicht und sowieso: In einem freien Land könne man den Fleischverkehr nicht verbieten.

 

Flugbenzinsteuer? Im Prinzip möglich, aber auf Kosten von mehr Flügen über Istanbul und Dubai? Lieber nicht. Mehr Geld für Pflegekräfte? Nicht verkehrt. Aber was ist dann mit höheren finanziellen Belastungen für Pflegebedürftige? Impfpflicht? Nicht mit ihm. So geht das weiter, bei Kindern und Bildung, bei Nord Stream 2, bei Europa und dem Verbrennungsmotor.

 

Vieles vom Ende aus gesehen

 

Laschet ist ein Mann des Sowohl-als-auch. Einer, der viele Herausforderungen vom Ende aus sieht. Nicht als Bedenkenträger, aber als einer, der abzuwägen weiß. Und einer, der genau weiß, wann dann doch entschlossen gehandelt werden muss. Die Regen-Katastrophe, von der auch Nordrhein-Westfalen hart getroffen ist, veranlasst den Ministerpräsidenten, seinen mit Spannung erwarteten Besuch bei der CSU-Tagung in Seeon kurzfristig abzusagen. Weil jetzt nicht laviert, sondern angepackt werden muss. Auch das kann Laschet.

 

Klar, dass so einer sich nicht auf Koalitionen festlegen lässt. Laschet kann mit so gut wie jedem, der guten Willens ist. Wie er. Sicher ist nur: Er will Kanzler werden. Und das eine ganze Weile bleiben. Auf die Frage, wie lange, vielleicht 16 Jahre wie bei Kohl und Merkel, hört man dann rheinischen Humor: "Der Gnade des Wählers will ich keine Grenzen setzen." Konkreter geht es bei Laschet selten.

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