Heraus aus den alten Gräben

 

Von Wolfgang Kleideiter

 

Das peinliche Verweigerungsspiel von Greenpeace ist ins Leere gelaufen. Nörgler und Miesepeter an der Seitenlinie können ebenso die Protestbanner einrollen: Die breit aufgestellte „Zukunftskommission Landwirtschaft“, im vergangenen Herbst von der Bundesregierung beauftragt, hat es tatsächlich geschafft, einen einstimmig(!) verabschiedeten Abschlussbericht mit klarem Inhalt vorzulegen. Kaum jemand hat dies im Vorfeld für möglich gehalten.

 

30 Spitzenkräfte aus den Bereichen Agrar, Umwelt- und Tierschutz, Wirtschaft, Handel und Wissenschaft – darunter Vertreter nahezu aller namhaften Verbände – haben gezeigt, dass man auch über tiefe Gräben noch erfolgreich Brücken bauen kann. Gegensätze sind zwar weiter da, aber die Mitwirkenden haben sich am runden Tisch nicht verschanzt, sondern eine gemeinsame Linie ausgelotet. Verglichen mit den heftigen Streitereien und Schuldzuweisungen der Vergangenheit ist dies zweifellos ein enormer Fortschritt. Wenn der gute Wille nicht erlahmt, kann jetzt im Konsens weiter an der Zukunft der Landwirtschaft gearbeitet werden. Die Chance ist da.

 

180 Seiten Abschlussbericht

 

Baumeister des fast 180 Seiten umfassenden Abschlussberichts sind Organisationen aus einem breiten Spektrum – vom Deutschen Bauernverband über den Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft bis zum Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Als Prof. Dr. Peter Strohschneider, viele Jahre Vorsitzender der Deutschen Forschungsgemeinschaft, im Herbst den Vorsitz der „Zukunftskommission Landwirtschaft“ übernahm, dürfte ihn wohl kaum jemand um sein Amt beneidet haben. Jetzt liegen unter seiner Regie verfasste wesentliche Empfehlungen für die Agrar-, Umwelt- und Verbraucherpolitik von morgen vor.

 

Kernaussage: Das heutige Agrar- und Ernährungssystem kann aus ökologischen, tierethischen und ökonomischen Gründen nicht fortgesetzt werden. Der daraus resultierende schrittweise Umbau muss aber endlich als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden.

 

Das bedeutet: Wirklich alle - König Kunde eingeschlossen - müssen in diesem Dauerlauf ihren Beitrag leisten. Lebensmittel dürften teurer werden als heute, weil bei steigenden Produktionskosten weniger produziert wird. Aber am Ende kommt der Gesamtgesellschaft ein erfolgreicher Transformationsprozess wieder zugute. Denn sie zahlt dann für Leistungen einer ökologisch verantwortlichen Landwirtschaft und Agrarumweltschutzmaßnahmen. Eine funktionierende Landwirtschaft, so heißt es auch im Bericht, ist Grundlage jeder Zivilisation.

 

Der Abschlussbericht, der sehr viele Handlungsfelder klug und auch neu miteinander verknüpft, liegt jetzt wie ein Ball im Spielfeld der Politik. Man kann fest davon ausgehen, dass eine künftige Bundesregierung den Gesprächsfaden zu den Verfassern rasch aufnehmen wird, um konkrete Schritte einzuleiten. Eine Gelegenheit, die die Regierenden nicht verpassen sollten. Es sei denn, sie wollen, dass wieder die Traktoren nach Berlin rollen.

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