Generation Zukunftsangst

 

Von Michael Lehner

 

Niemals in der jüngeren Geschichte war die Kluft zwischen gelebtem Wohlstand und eher düsteren Zukunftsaussichten größer als in diesen Tagen. Gerade junge Menschen ahnen, dass das Ende der fetten Jahre näherkommt. Diese Situation schafft leichtes Spiel für moderne Propheten und ihre einfachen Rezepte.

 

Logisch, die meisten Probleme des Planeten sind vom Menschen hausgemacht. Gerade in der Klima-Debatte machen Aktivisten kein Geheimnis aus ihrem Anspruch, dass die Weltbevölkerung nicht weiter wachsen darf, wenn wir die Erde retten wollen. Zugleich ist klar, dass weniger Nachwuchs in die Altersarmut führt. China als wichtigster Treiber der Wachstums-Ideologie verabschiedet sich deshalb von seiner Ein-Kind-Politik. Zugleich wird in den westlichen Demokratien die Kinderlosigkeit durch die Lebenswirklichkeit erzwungen.

 

Wenn Kinderkriegen nicht nur als großes Armutsrisiko gilt, sondern zugleich in die Umwelt-Krise führt, wird klar, dass sich Widersprüche kaum noch auflösen lassen. Sind womöglich gar Seuchen eine Antwort der gern beschworenen Natur auf das Krebsgeschwür Mensch? Macht es noch Sinn, Hunger oder Säuglingssterblichkeit weltweit zu bekämpfen, wenn Überbevölkerung das Dasein bedroht?

 

Einfache Antworten untauglich

 

Zum Ende gedacht entlarven sich einfache Antworten als untauglich. Den urbanen Verkehrskollaps werden wir nicht mit E-Autos oder gar City-Flugtaxis überwinden. Mit Kinderlosigkeit nichts daran ändern, dass das Wohnen in den Metropolen für immer mehr BürgerInnen unbezahlbar wird. Eher wäre es angebracht, auf Mobilität zu verzichten. Und darauf, Lebensmittel rund um den Globus zu schippern, begleitet von einer Debatte um den Kohlendioxid-Ausstoß heimischer Rindviecher.

 

Während den Großvätern das Telefon noch ein sparsam genutzter Luxus war und der Italienurlaub einmal jährlich das höchste der Gefühle, hat die Vätergeneration den Jungen die Illusion vorgelebt, dass grenzenloser Wohlstand möglich sei. Mit immer schnelleren Autos und immer billigeren Flugreisen. Mit auskömmlichen Renten für den Ruhestand im Eigenheim. Und mit der trügerischen Illusion, dass wachsender Wohlstand auch bei kürzeren Arbeitszeiten möglich sei.

 

Gleichzeitig wachsen die kollektiven Zweifel am Erfindergeist. Eine technikverliebte Welt hadert mit ihren Errungenschaften. Und dies gepaart mit einer neuen Gartenlauben-Mentalität, die sich in ihrer Naturferne in Scheinlösungen flüchtet. Statt zu begreifen, dass Bescheidenheit zu den wichtigsten Antworten auf die großen Zukunftsfragen gehört.

 

Die weltweite Krise der Volksparteien zeigt, dass die Zeit der Heilsversprechen endet. Und dass die dringend notwendige Wende einer Generation zugemutet wird, die mit diesen Versprechen groß geworden ist.

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