Richtungshinweise aus Sachsen-Anhalt

 

Von Jost Springensguth

 

Sorgenvoll wird vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt aus verschiedenen Richtungen der Blick auf die politische Landschaft in eines der strukturschwächsten Länder der Bundesrepublik gelenkt. Irgendwie ist das eine Blackbox oder Wundertüte, wenn politische Äußerungen aus Sachsen-Anhalt in die nationalen Medien gelangen.

 

Prognosen für die Landtagswahl am Sonntag (6. Juni 2021) sind für viele Politikwissenschaftler, politische Korrespondenten und die Protagonisten selbst nur mit großer Unsicherheit zu stellen. Die Nase vorn hat in der Demoskopie zwar der amtierende Ministerpräsident Reiner Haselhoff. Er könnte knapp vor der AFD liegen. Das ZDF-Politbarometer sieht den Abstand am Freitag (03.06.) vor der Wahl wieder größer: 30 Prozent für die CDU, 23 für die AFD und 11,5 für Linke und 10 SPD. Der FDP (6,5) könnte der Wiedereinzug in den Magdeburger Landtag gelingen. Das lässt mehrere Koalitionsmöglichkeiten erwarten.

 

Kann Armin Laschet aufatmen?

 

Sollte Reiner Haselhoff die Nase vorn haben, kann der CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Armin Laschet aufatmen. Der in Magdeburg amtierende Ministerpräsident hat seine Bekanntheit dadurch verstärkt, indem er sich in der Kanzlerkandidatenkür auf die Seite Söders geschlagen hat und vorher der Meinung war, Friedrich Merz wäre der (für ihn und seine Wahl) bessere Vorsitzende der CDU. Gleichwohl ist Laschet im Wahlkampf in Sachsen-Anhalt über seinen Schatten gesprungen, um dort Seite an Seite mit dem Ministerpräsidenten aus Magdeburg um Stimmen zu werben.

 

In den letzten Tagen unternimmt die CDU im Lande wie im Bund alles, um die AfD so klein wie möglich zu halten. Mit der Abgrenzung nach rechts hat Haselhoff weniger Probleme als eine Reihe seiner „Parteifreunde“. Der Ministerpräsident hat sich inzwischen klar positioniert und lehnt in öffentlichen Stellungnahmen jegliche Zusammenarbeit mit der Rechts-Außen-Partei ab. Er hat aber auch die Erfahrung machen müssen, dass in seiner Landespartei und in der Landtagsfraktion Einzelne zu rechten Gedankenspielen neigen, wenn es um das Abstimmungsverhalten geht und dabei die AFD nicht generell ausschließen wollen.

 

Sollbruchstellen mit den Grünen

 

Haselhoff hat es immerhin geschafft, sein Regierungsbündnis mit SPD und Grünen über die volle Legislaturperiode zu bringen. Mehrfach hat er das Auseinanderfallen seiner Koalition verhindern können. Da spielte die Unzufriedenheit in den ländlichen Regionen eine große Rolle. Die einzige Grünen-Ministerin, die für Umwelt zuständige Claudia Dalbert, musste sich gegen heftige Proteste, Rücktrittsforderungen und auch Klagen aus der Landwirtschaft wehren. Die Streitigkeiten in der Umwelt- und Landwirtschaftspolitik bildeten immer wieder die Sollbruchstellen der Koalition. Das möchte der Ministerpräsident für die Zukunft ausschließen und hofft auch deshalb auf eine stärkere Position der CDU nach der Wahl und auf die Agrar-Zuständigkeit seiner Partei – in welcher Koalition auch immer.

 

Haselhoff selbst bekennt in einem Interview mit der Agrarzeitung: „Die Grünen stießen bei den Landwirten nicht immer auf Zustimmung“. Damit bezieht er sich auf den Prozess zur Erstellung eines Leitbildes der Agrar- und Forstwirtschaft, wo der Dissens mit grünen Vorstellungen besonders ausgeprägt deutlich wurde. Er bezeichnet die CDU als Partei des ländlichen Raumes. Ob er sein Ziel „die Führung und Verantwortung im Ressort Landwirtschaft“ wieder erreichen kann, hänge natürlich vom Wählervotum ab.   

 

 

Es wird spannend, zumal auch die FDP wohl wieder über der Fünf-Prozent-Hürde auftauchen könnte, Linke und SPD fast gleichauf sind und der CDU mit erwarteten 25 Prozent – wenn sie denn vor der AfD bleibt – mindestens wieder ein Dreier-Bündnis ins Haus steht. Selbst eine Vier-Parteien-Koalition ist nicht auszuschließen: Simbabwe lässt mit seinen Fahnenfarben grüßen. Kenia war schon schlimm genug. 

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